Meat (36 page)

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Authors: Joseph D'Lacey

Tags: #Fiction, #Horror, #Thrillers, #Suspense, #Science Fiction, #General, #General Fiction

BOOK: Meat
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»Das habe ich auch gehört. Das bedeutet Handarbeit bis in alle Ewigkeit.«

»Dafür erwarte ich eine Gehaltserhöhung.«

»Ja, klar. Magnus wird dir die Eier abschneiden und sie vor deinen Augen essen.«

Gelächter.

»Habt ihr gehört, was er mit den Leuten vom Gaswerk gemacht hat?«

Auf der Stelle erstarb das Gelächter.

Torrance sprang in die Bresche.

»Gehen wir also auf Nummer sicher und sorgen dafür, dass so etwas hier bei MFP niemals passiert, okay?« Zustimmendes Gemurmel.

»Was ist mit dem Milchhof, Boss?« Es war Parfitt, der
das fragte. »Wir können sie nicht melken, wenn die Geräte nicht laufen.«

»Dann bleibt uns nur eins«, antwortete Torrance. »Ihr müsst so vielen wie möglich ein Kalb zuteilen, dann sehen wir weiter. Inzwischen melkt ihr so viele mit der Hand, wie ihr könnt.«

»Mit der Hand? Ist das nicht ein Sakrileg?«

»Vergesst die Lehren jetzt mal, die Leute brauchen Milch.«

Parfitt sah bestürzt aus.

»Mach dir keine Sorgen, Junge. Du wirst schon rausfinden, wie's geht. Und ihr alle lasst euch nicht hängen wegen dieser Sache. Der Stromausfall ist keine Entschuldigung für gar nichts. Denkt an Magnus' Worte:
Arbeitet weiter.«

 

Torrance sah den schwarzen Bus durchs Haupttor kommen und parken. Er war voll mit Gestalten in schwarzen Mänteln. Aber bloß eine von ihnen stieg aus. Er erkannte Bruno, Magnus' ersten Mann, der über den Vorplatz des Werks auf ihn zumarschierte. Die Arbeiter wichen vor ihm zurück.

»Können wir irgendwo reden?«, fragte Bruno, als er ihn erreichte.

Torrance hob die Schultern.

»Hier entlang.«

Er führte Bruno ins Schlachthaus und die Treppen zu seiner Aussichtsplattform hinauf. Dort oben gab es ein kleines Büro mit Schreibtisch, zwei Stühlen und Glasfenstern rundherum.

»Setz dich, Bruno.«

»Nein danke. Ich hab dir etwas von Mr. Magnus mitzuteilen. Er sagt, du sollst die Produktion am Laufen halten, koste es, was es wolle. Wenn nötig, heure mehr Männer an. Er kommt dafür auf.«

»Ganz so einfach ist das nicht.«

»Mr. Magnus glaubt das aber schon.«

»Wir brauchen keine weiteren Männer, Bruno. Was wir brauchen sind Gas und Elektrizität. Dann können die Männer, die wir haben, so schnell arbeiten, wie Mr. Magnus es verlangt. Wir haben nur eine Produktionsstraße hier im Schlachthof. Diese Straße läuft exakt so schnell, wie wir die Tiere betäuben können. Schneller geht es nicht, ganz gleich, wie viele Männer wir haben.«

Bruno schüttelte den Kopf.

»Das
wird so schnell nicht passieren. Wir werden Jahre brauchen, um das Gaswerk instand zu setzen. Und wir sind uns nicht einmal sicher, ob wir es überhaupt können.«

»Was? Warum nicht?«

»Zunächst einmal fehlen uns die entsprechenden Ersatzteile. Vor allem aber mangelt es uns an Wissen. Die Wartungstechniker müssten erst einmal lernen, alles wieder zusammenzusetzen. Und zwar von der Pike auf. Ich nehme an, als der Vater die Stadt erschuf, hat er nicht damit gerechnet, dass eine Bande von Ketzern Teile davon in die Luft jagen könnte.«

Torrance schwieg, während er darüber nachdachte, wie man die Fabrik dauerhaft ohne Elektrizität betreiben konnte. Es war theoretisch möglich, erforderte aber eine Reihe grundlegender Veränderungen. Wenn Magnus darauf bestand, dass genauso effizient wie vorher gearbeitet würde, bräuchten sie für den manuellen Betrieb weitere Produktionsstraßen im Schlachthaus. Sie müssten Männer für das Melken ausbilden. Wenn sie kein Gas mehr aus Schlachtabfällen gewannen, könnte man die Tiere nicht mehr in Lastwagen transportieren. Und die Männer würden das Fleisch auf Karren in die Stadt ziehen müssen. Alles würde sich ändern. Torrance verspürte die ersten nagenden Zweifel an
der zukünftigen Ordnung der Dinge. Er spürte einen ersten Anflug von Furcht vor dem, was da kommen würde.

Bruno unterbrach seine Gedanken.

»Wir müssen sicherstellen, dass so etwas hier nicht passieren kann.«

»Glaubst du, sie werden die Fabrik angreifen? Warum sollten sie das tun? Es wäre blanker Selbstmord.«

»So, wie ich das sehe, sehnt sich dieses Pack nach dem Tod. Ich habe gesehen ...«

»Was?«

»Tut nichts zur Sache. Collins, ihr Anführer, er ist völlig wahnsinnig. Der lässt nichts unversucht. Deshalb habe ich ein paar von meinen Jungs mitgebracht. Sie werden die Abzäunungen im Auge behalten. Insbesondere nachts. Sieh zu, dass du dich um sie kümmerst, klar?«

»Ich werde die Arbeiter informieren.« Torrance fuhr sich mit der Hand über Mund und Bart. »Denkst du wirklich, sie werden versuchen, uns anzugreifen?«

»Ich weiß es nicht, aber wir werden ihnen nicht die Gelegenheit dazu geben.«

»Ich sollte die Arbeiter bewaffnen.«

»Allerdings. Sorg dafür, dass jeder Mann eine Klinge bekommt. Wenn dieser Ort aus dem Ruder läuft, befindet sich die Stadt in ernsthaften Schwierigkeiten.«

Bruno war im Begriff zu gehen.

»Warte. Was ist mit der Fürsorge? Irgendeine Nachricht? Sie müssen eine Antwort auf all das haben. Sie sollten sämtliche Pastoren aussenden, um sich diesen Collins-Typen zu greifen.«

»Ich weiß nicht, wie der Großbischof auf die Zerstörung des Gaswerks reagiert hat. Aber ich weiß, dass Magnus die Fürsorge bereits um ihre Unterstützung gebeten hat und dass sie nicht besonders kooperativ waren. Der Großbi
schof und er ... sie kommen nicht besonders gut miteinander aus.«

»Ach, Blödsinn, Bruno. Dass zwei Männer sich in den Haaren liegen, ist noch lange kein Grund zuzulassen, dass die Stadt von einer Horde Irrer überrannt wird.«

»Das Gleiche habe ich auch gedacht.«

»Es muss doch noch eine andere Möglichkeit geben, etwas zu unternehmen. Wir müssen doch irgendetwas tun können.«

»Wenn mir was eingefallen ist, lasse ich es dich wissen. Es spricht schließlich nichts dagegen, dass wir zusammenarbeiten. «

Torrance nickte. Ganz und gar nichts.

 

20

 

Sie klopften nicht an.

Sie hörte Schritte, schemenhafte schwarze Gestalten huschten am Küchenfenster vorbei, und ihr blieb nicht einmal genug Zeit, Angst zu haben, als sie durch die Hintertüre kamen. Sie betraten das Haus, als wäre es ihr eigenes, und lümmelten sich auf Küchen- und Wohnzimmerstühlen herum. Mit einer derartigen Selbstverständlichkeit, dass sie schon beinahe überzeugt davon war, sie seien Freunde ihres Mannes und er würde ihnen jeden Augenblick folgen.

Aber das tat er nicht.

Einer der Männer, sein Haar war lang, schwarz und fettig, konnte einfach nicht stillsitzen. Er lief in den offenen Räumen des Erdgeschosses herum, hob Sachen auf, inspizierte sie und stellte sie wieder hin. Sie benahmen sich, als würde sie gar nicht existieren. Als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte und zum Sprechen ansetzte, hob einer die Hand und verbot ihr das Wort, ohne dabei auch nur in ihre Richtung zu sehen.

»Wo sind die Kinder?«, fragte er.

Da zu schweigen ihr als geringeres Risiko erschien, als zu sprechen, antwortete sie nicht.

Der mit den fettigen Haaren nickte zwei anderen zu, die daraufhin die Treppe hinaufstapften.

»Nein.« Mit einem nassen Putzlappen in der Hand rannte sie auf sie zu. »Wartet. Bitte sagen Sie mir, was Sie von uns wollen. Sie sind nicht von der Fürsorge. Was wollen Sie?«

Der Anführer zeigte grinsend seine schlechten Zähne. »Woher wollen Sie wissen, dass wir nicht von der Fürsorge sind?«

»Ihr seid keine ... Pastoren.«

»Wir könnten ... verdeckt ermittelnde Pastoren sein.« Die anderen lachten.

»Ihr dürft sie nicht mitnehmen. Wir haben nichts getan.«

»Aha, Sie leugnen. Ohne, dass überhaupt eine Anschuldigung gegen Sie erhoben wurde. Ich kann Ihr schlechtes Gewissen förmlich riechen.«

»Ich schwöre euch, wir sind brave Bürger. Wir leben nach dem Buch.«

»Oh? Welches Buch könnte das wohl sein?«

Sie sah, dass ihre Verwirrung die Männer amüsierte. Warum trieben sie diese Spielchen mit ihr?

»Das Buch des Gebens, selbstverständlich.«

»Klingt ein wenig altmodisch für meinen Geschmack. Nicht ganz ... zeitgemäß. Klingt nach einem Buch, das wir verbrennen könnten, ohne dass es jemand vermissen würde.«

Die beiden Männer kamen die Treppe herunter. Jeder trug eine ihrer Töchter im Arm.

»Ah. Bald haben wir die ganze Familie beisammen. Wie schön.«

»Bitte.« Sie ließ den Lappen fallen und griff nach den Händen des Mannes. »Bitte nehmt sie mir nicht weg. Ich habe doch gesagt, dass diese Familie nichts Unrechtes getan hat.«

Der Mann lächelte, offenbar ehrlich amüsiert.

»Da bin ich mir sicher, Mrs. Shanti.« Er entzog seine Hände ihrem Griff. »Aber es interessiert mich nicht im Geringsten, wie gottgefällig Sie Ihren Haushalt führen. Ich bin bloß hier, um Ihnen eine Einladung von meinem Arbeitge
ber, Mr. Rory Magnus, zu übermitteln. Er bittet darum, ihm die Freude Ihrer Gesellschaft zu machen.«

»Aber ich ... ich meine, wir ... das hat irgendwie mit Richard zu tun, oder? Was hat er getan? Sagen Sie mir, was er getan hat.«

»Mrs. Shanti. Ich weiß nicht, worauf sie hinauswollen. Alles, was ich weiß, ist, dass Mr. Magnus darauf besteht, Sie, Ihre Töchter
und
Mr. Shanti, als seine Gäste zu begrüßen.«

»Er besteht darauf?«

»Er ist sehr eigen, was die Auswahl seiner Gäste betrifft. Ich würde sagen, Sie sollten sich geehrt fühlen. Ihr nicht auch, Jungs?«

Die Männer nickten geflissentlich.

Hema und Harsha konnten ihre Aufregung kaum verbergen.

»Wir werden einen Ausflug mit dem großen schwarzen Bus machen, Mami. Wir werden das größte Haus der Stadt sehen.«

Maya wusste, dass es ganz bei ihr lag, wie sie auf das Kidnapping reagierte. Wenn sie sich zur Wehr setzen, protestieren und betteln würde, würde das die Mädchen verängstigen. Würde sie sich ruhig und folgsam fügen, dann wären sie zumindest auf absehbare Zeit in Sicherheit.

»Nun, wenn das so ist, ziehe ich mal meine besten Schuhe an.«

 

Torrance klopfte mit seinem Stift gegen einen schartigen Becher. Shanti beobachtete sein Gesicht und hielt nach Hinweisen darauf Ausschau, was der Mann gerade dachte. Doch seine Fassade war undurchdringlich. Was er dann, nach einem zähen Moment des Schweigens, sagte, hatte er nicht erwartet.

»Wir müssen die Herden verkleinern.«

»Verkleinern?«

»Darauf läuft es hinaus. Wir müssen sie ausdünnen.« »Aber warum? Das wird zu reduzierten Erträgen führen. Noch mehr Leute werden hungern.«

Torrance schüttelte den Kopf. Seine Miene war die eines Lehrers, der versucht, einem kleinen Kind etwas zu erklären.

»Niemand wird hungern, bloß weil es weniger Fleisch gibt, Rick.«

»Es ist jetzt schon nicht genug für alle da ... Bob.«

Wenn die Vertraulichkeit Torrance verärgerte, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken.

»Richtig, das glauben die Leute. Aber es ist nur das, was Magnus sie glauben lassen will. Er hält die Preise künstlich hoch und sorgt so dafür, dass der Reichtum der Stadt in eine ganz bestimmte Richtung fließt.«

»Ich verstehe nicht.«

Torrance schien um eine Entscheidung zu ringen.

»Sieh mal, Rick, ich mag dich. Du bist ein guter Mann. Ein Aktivposten bei MFP. Deshalb werde ich dir jetzt etwas erzählen. Aber zuerst musst du schwören, dass du nichts von dem, was ich dir gleich sage, jemals wieder erwähnen wirst. Absolut niemandem gegenüber. Niemals.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich an derartigen Informationen teilhaben will.«

»Es ist zu spät, dir den Kopf darüber zu zerbrechen, was du willst. Wir sollten vielmehr anfangen, uns Gedanken über unsere Jobs und unsere Zukunft zu machen. Ich werde Männer wie dich brauchen, um auf die anstehenden Veränderungen reagieren zu können. Männer, bei denen ich mich darauf verlassen kann, dass sie ihren Job ordentlich erledigen.«

Torrance stand auf und erzählte es ihm. Bleich und scho
ckiert hörte Shanti ihm zu. Hunderte von Auserwählten, abgeschlachtet für nichts und wieder nichts. Fleisch, das tonnenweise am Rande der Ödnis verklappt wurde. Menschen, die hungerten, während der Markt übersättigt war. Und nun das.

»Das Problem ist folgendes: Da das Kraftwerk auf unabsehbare Zeit seinen Betrieb nicht wieder aufnehmen kann, ist es unmöglich, die bisherigen Erträge weiterhin zu gewährleisten. Das Vieh wird überaltern und damit nutzlos. Weniger Umsatz bedeutet weniger Jobs und am Ende brechen die Gehälter ein. Und zwar auf ganzer Linie. Ohne Strom wird alles von Hand gemacht werden müssen ― zumindest, bis wir neue Gasreserven aufgebaut haben. Aber das kann Jahre dauern. Die Lkws funktionieren nicht mehr, die Melkmaschinen funktionieren nicht mehr, der Motor der Schlachtstraße funktioniert nicht mehr. Es wird keinerlei automatisierte Prozesse mehr geben. Für sehr lange Zeit nicht. Statt Stiere zu schlachten, sollten wir anfangen, darüber nachzudenken, die Zahl der geschlechtsreifen Kühe zu reduzieren und den Großteil der ― wenn nicht sogar alle ―Bullen zu keulen. Das wird ein weiteres Anwachsen der Herden verhindern. Die Milchkühe müssen wir ebenfalls dezimieren. Es ist schlicht unmöglich, sie jetzt noch alle zu versorgen. Also, ich möchte, dass du morgen damit beginnst, die ältesten Milchkühe und Bullen zusammenzutreiben. Bring sie zur Schlachtung hierher.«

Shanti wartete. Torrance schien noch nicht fertig mit ihm zu sein. Sein Vorarbeiter lehnte sich zurück und fuhr damit fort, mit dem Stift auf den Becherrand zu klopfen.

»Sonst noch etwas?«

Torrance blickte auf.

»Ist das nicht genug?«

Shanti zuckte mit den Achseln.

»I...«

Doch es gab nichts mehr zu sagen. Er drehte sich um und ging. Aber er ahnte, dass sich hinter ihm gerade ein Lächeln auf Torrances Gesicht stahl.

 

Er hatte die Zwillinge in die Obhut der Dienstmädchen gegeben, während er mit ihrer Mutter sprach.

Sie führten die Frau in den Salon ― ein angemessenerer Ort für ein Gespräch als das Arbeitszimmer ―, wo er sich entspannte und, immer noch in Morgenmantel und Hausschuhen, mit einem großen Wodka kurierte. Er entließ Bruno und die beiden anderen Jungs und schenkte ihr ein.

»Ich trinke nicht«, sagte sie, als er ihr das angeschlagene Kristallglas reichte.

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