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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (23 page)

BOOK: Hard Man
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Obwohl er im Augenblick nicht genau wusste, was das sein sollte.

Er langte hinter sich und tastete nach der Taschenlampe. Fand sie, schaltete sie an. Jacob leuchtete nach Norrie. Der presste gurgelnd beide Hände auf den Bauch, während zwischen den Fingern in kleinen Schwallen das Blut hervorquoll. Und Blut sickerte ihm aus dem Mund, als er versuchte zu sprechen.

Jacob hob den entladenen Revolver auf, und leuchtete mit der Taschenlampe nach der Patrone. Feiner Zug von Wallace, dass er sie ihm geschenkt hatte. Jacob wusste natürlich, wieso. Das sadistische Schwein wollte, dass er Norrie aus seinem Elend erlöste. Obwohl sich Jacob auch die Frage aufdrängte, ob Wallace nicht damit gerechnet hatte, dass Jacob den Revolver gegen sich selbst richten würde.

Denn wenn der beste Freund so etwas tut, dann hat man eigentlich keine große Lust mehr, weiterzuleben. Das Gottvertrauen ist zerstört, und man muss alles infrage stellen. Nichts ist mehr, was es zu sein scheint.

Da war sie. Er pulte die Patrone von hinten im Schrank heraus, ließ die Trommel des Revolvers aufschnappen und schob die Patrone ins Magazin. Sollte er eine Kugel in Norries Schädel jagen oder in den eigenen? Er richtete die Waffe auf Norrie.

Norries Augen weiteten sich. Er spuckte einen Mund voll Blut aus, das ihm übers Kinn sprühte. Er öffnete den Mund mit rotfleckigen Zähnen und musste husten, als er zu sprechen versuchte.

»Streitest du ab, dass du auf Rog geschossen hast?«, fragte Jacob.

Norrie versuchte erneut, zu reden. Brachte schließlich heraus: »Nein, Boss.«

»Du streitest es nicht ab?«

»Genau.«

Jacob war verwirrt. Nicht dass es eine Rolle gespielt hätte. Norrie hatte eindeutig auf Rog geschossen. Die Frage war nur, warum. Jacob fragte ihn.

Keuchend schloss Norrie die Augen und öffnete sie wieder. Er hatte zweifellos fürchterliche Schmerzen, aber Jacob empfand kein Mitleid mit ihm. Ganz im Gegenteil. Es freute Jacob, dass sein alter Freund Schmerzen hatte. Jacob musste sich beherrschen, um sich nicht vorzubeugen und einen Finger in Norries Wunde zu bohren und fest zuzudrücken.

»Und Louis hast du auch umgebracht?«, fragte Jacob.

Norries Blick verschwamm, dann nickte er.

Jacob schüttelte den Kopf. Er kapierte es nicht, und Norrie würde nicht lange genug durchhalten, um es ihm zu erklären. Es sei denn, Jacob brachte ihn ins Krankenhaus. Die Sache war nur, dass Jacob es wirklich wissen wollte. Er wollte nicht, dass Norrie starb. Lag es an dem Unfall, dass Norrie sich so verhalten hatte? Die Leute sagten immer, dass Norrie nicht ganz richtig im Kopf sei, aber das hatte Jacob nie geglaubt. Mit Norrie war immer alles total in Ordnung, wenn Jacob dabei war. Gott schütze ihn, auch wenn Jacob nicht wollte, dass Norrie starb, so wollte er ebenso wenig, dass Norrie weiterlebte.

Also eins nach dem andern.

Jacob legte die Kanone vor seine Füße auf den Boden des Schranks. Dann steckte er die Hand in Norries Tasche. Bingo. Wallace hätte danach schauen sollen, aber wahrscheinlich war es ihm ziemlich egal, was jetzt noch passierte. Jacob zog Norries Mobiltelefon heraus und betete zu Gott, dass Norrie Flashs Nummer gespeichert hatte. Doch zunächst einmal musste Jacob rausfinden, wie das Mistding funktionierte.

Er wünschte, er hätte besser aufgepasst.

Schritt eins war, das Ding einzuschalten. Er konnte ums Verrecken keinen Ein-/Aus-Schalter entdecken. Was um alles in der Welt musste er machen? Er fragte Norrie.

Norrie keuchte und spuckte Blut auf sein Kinn. Jacob schüttelte den Kopf.

Norrie streckte die Hand aus, und Jacob gab ihm das Mobiltelefon. Norrie drückte mit dem Daumennagel ein winziges Knöpfchen und noch ein paar andere Tasten und reichte Jacob das Handy zurück.

Was jetzt? Die Nummer wählen, nahm Jacob an. Konnte er sich an Flashs Nummer erinnern? Das stand alles in dem Adressbuch neben dem Telefon im Flur. Nein, Jacob fiel die Nummer nicht ein. »Hast du die Nummer von Flash da drin?«, fragte er Norrie.

Aber Norrie hatte die Augen geschlossen und gab vereinzelte Blubbergeräusche von sich, die schmerzhaft anzuhören waren.

Jacob legte das Handy hin und griff wieder nach dem Revolver. Er hatte eine Kugel. Er konnte Norrie erledigen, oder er konnte seinem eigenen Elend ein Ende bereiten. Oder …

 

Die Tür ging auf, und er flitzte los, und gleich darauf Reifenquietschen, und Schnuckelchen lag mitten auf der Fahrbahn auf der Seite. Und May dachte, das darf nicht sein. Nee. Ein Traum oder so was, wie Joanne es immer hatte, wo er tot war, so real, als wäre sie dabei und alles und als würde es wirklich passieren. Denn dass Wallace Norrie erschoss, war total verrückt und total unmöglich zu glauben. Natürlich war Joanne total wirr im Kopf, ‘ne echte Irre. Die fette Kuh. Und May war geistig gesund. Und das hieß, dass all das hier tatsächlich
passiert war.

Schau noch mal hin. Krieg’s immer noch nicht auf die Reihe. Spul noch mal zurück.

Sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich zu fragen, wie sie Wallace entkommen sollte. Den musste man sich bloß mal anschauen, wie der angab mit seiner Scheißkanone. Sie war froh, dass Norrie ihn in den Arm geschossen hatte. Sah ziemlich fies aus.
Quietsch! Wumm!

Der Fahrer stieg aus, den Kopf eingezogen, die Arme steif wie ‘n Roboter, Handflächen nach vorne, so wie Fußballer es machen, wenn sie einen Gegner gefoult haben. Der Scheißtyp steckte in Hemd mit Krawatte, schicke Hose.

Und das reichte, damit May so richtig sauer wurde. »Du Drecksau!«, schrie May ihn an. »Du Scheißarschloch!«

Er streckte die Arme noch steifer von sich, und sein Hals fing an zu verschwinden, als würde sein Hemd in Richtung Kopf hochsteigen. Sah aus, als überlegte er, abzuhauen. Hatte wohl Schiss vor der Kleinen, was? Mit Recht.

Oder vielleicht fürchtete er sich auch vor Wallace, denn der hielt immer noch die Kanone in der Hand und wedelte damit herum und schrie, und sein zerfetzter Hemdsärmel bekam rote Flecken, dort wo schon das Blut durchgesuppt war.

May trat zu Wallace. »Fick dich!«, sagte sie zu dem Fahrer. »Du blöder Wichser.«

Aber dann merkte sie, dass Wallace sie anschrie.

Wie auch immer, der Fahrer machte auf dem Absatz kehrt und stieg wieder ins Auto.

May hätte ihm noch weitere Beleidigungen entgegenschleudern können (und sie hatte ein paar echt üble drauf, die ihr grade einfielen], aber, ach, was sollte das? Wichtiger war, was würde sie Flash sagen? Sie konnte ihm doch nicht einfach so erzählen, dass Schnuckelchen überfahren worden war.

Mit quietschenden Reifen flüchtete der Fahrer vom Tatort.

Gut so. Besser, das Arschloch von hinten zu sehen. Vielleicht wurde ja doch noch alles gut. Die Augen von Schnuckelchen waren offen. Seine Oberlippe war irgendwie aufgerollt, und man sah die Zähne. Sah total so aus, als ob er grinsen würde.

May beugte sich über ihn.

»Pass auf, dass er nicht beißt«, sagte Wallace.

»Der beißt nicht.«

»Verletzte Hunde sind gefährlich.«

»Kann man ihnen ja auch nicht vorwerfen, oder?« Arschloch. Woher sollte ein verletzter Hund wissen, dass man ihm helfen wollte? Alles, was er wusste, war, dass es wehtat, und er wollte nicht noch mehr Schmerzen haben. »Dieser Arschficker« - siehst du? - »ist zu schnell gefahren.« Die Wut hatte sie wieder gepackt. Am liebsten hätte sie diesem warmen Bruder von Fahrer in die Eier getreten.

»Der Scheißköter ist genau vor das Auto gelaufen«, sagte Wallace. »Da hat der Fahrer überhaupt nichts machen können.«

Nee, ein Tritt in die Eier reichte nicht. Abschneiden, die Dinger. »Zehn Meilen pro Stunde langsamer, und er wäre okay. Ich hab die Werbung gesehen.«

»Glaub ich nicht.«

»Rücksichtslose Drecksau!« Sie kochen und in Tomatensoße schmoren und dann an Schnuckelchen verfüttern. »Er war okay, verdammte Scheiße. Und überhaupt hast
du
die Tür aufgemacht. Du bist schuld.«

Wallace schwieg einen Augenblick und ließ sie Schnuckelchen die Wange streicheln. Der kleine Bursche schaute sie blinzelnd an und dann wieder weg. Und er seufzte, als langweile ihn das alles und als wollte er einfach nur mit dem weitermachen, was als Nächstes kommen würde. Cooler Hund, was?

»Wir müssen ihn zum Tierarzt bringen«, sagte May. Sie schaute Wallace fest entschlossen an. Wenn er jetzt anfing rumzustreiten, dann würde sie’s ihm aber zeigen. Er hatte zwar eine Kanone, doch das war ihr scheißegal. Er hatte nur einen heilen Arm. Ihr schwirrten gerade ein paar äußerst hässliche Gedanken durch den Kopf. Und sie hatte Flashs Geschenk in der Handtasche. Den guten alten Dirk. Wallace konnte sich auf den Kopf stellen, sie würde Schnuckelchen auf keinen Fall auf der Straße liegen und verbluten lassen.

Sie sagte Wallace, was sie empfand.

»Na schön, verfluchte Kacke«, sagte er. »Aber beruhig dich erst mal.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter, und sie bekam eine Lunge voll Aftershave ab. Oder eher eine Kehle voll, denn es ging nicht ganz runter, bevor sie es wieder aushustete. Der gleiche stinkende Altmännerscheiß, mit dem sich der Vater von Sue immer einsprühte. Stink City. Die Art von Duftwasser, wie Dad es Flash immer zu Weihnachten schenkte und für das der sich bei Dad bedankte, auch wenn er es nie nahm, aber es in den Müll zu schmeißen, brachte er auch nicht fertig.

Die Schuhe von Wallace glänzten total. May strich ihren Rock nach unten, für den Fall, dass er daran dachte, die spiegelnde Oberfläche zu benutzen, um einen Blick auf ihr Höschen zu erhaschen.

Die Zunge von Schnuckelchen zuckte heraus und verschwand fast sofort wieder. »Hast du Durst, mein Liebling?«, fragte sie ihn. Schaute Wallace an und sagte: »Du wartest bei ihm, solange ich Wasser hole.«

Wallace hielt sie fest. »Nimm mich verdammt noch mal ernst«, sagte er. »Oder ich knall die Scheißtöle ab.« Er schnitt eine Grimasse, als ob er Verstopfung hätte.

»Das machst du nicht«, sagte May.

Er spannte den Abzugshahn und setzte die Knarre an Schnuckelchens Kopf an.

»Okay, okay«, sagte May. Sie hatte ganz vergessen, dass das hier Wallace war. Wenn sie, als sie noch ein Paar waren, gesagt hatte, er würde etwas nicht machen, war er meistens losgezogen und hatte genau das getan. Er war total irre. Sie hätte sich eigentlich vor ihm fürchten sollen, aber dazu war sie immer noch zu wütend. Wieso war sie so scheißwütend? Sie wusste es selbst nicht. Die Wut hatte angefangen, in ihr zu kochen, als Flash ihr das Messer geschenkt und sie gemerkt hatte, dass sich alle hinter ihrem Rücken verschworen hatten. Ausnahmslos alle. Da war auch nicht einer, verdammte Scheiße, dem sie trauen konnte. Und seitdem war sie nach und nach immer wütender geworden. Dass Wallace ins Haus reingeplatzt gekommen war und Norrie abgeknallt und Dad bedroht hatte, war auch keine Hilfe gewesen. Und jetzt war zu allem Überfluss noch Schnuckelchen überfahren worden.

Schnuckelchen musste so schnell wie möglich zum Tierarzt. Seine Augen glänzten nicht mehr richtig. Eine winzige Schale Wasser würde wahrscheinlich nichts ändern. Mal nachdenken. So, wie er da lag, würde er wohl kaum mehr schaffen, als die Schale anzuschauen, das arme Ding. Sie schob ihm die Finger unter den Rücken und hob ihn so behutsam auf, wie sie konnte, wobei sie die ganze Zeit beruhigende Geräusche machte. »Wo ist dein Auto?«, fragte sie Wallace.

»‘n Stück die Straße rauf«, sagte er. Dann schüttelte er den Kopf. »Den Scheißköter nimmst du nicht mit.«

Sie bemühte sich, die Stimme ruhig zu halten. »Bitte. Lass mich ihn einfach nur beim Tierarzt abliefern. Dann kannst du mir immer noch zeigen, was du mir zeigen willst.«

»Nein.«

»Ach komm, Wallace. Das kostet dich doch nichts.«

»Ich hab grade eben jemanden erschossen, verdammte Scheiße. Und falls du’s nicht gemerkt haben solltest, ich bin selber angeschossen worden.«

»Dann steig ein, und steh nicht blutend mitten auf der Straße rum.«

»Leg den Hund wieder hin.«

»Betrachte es als deine gute Tat des Tages.«

»Verdammt noch mal, May, ich knall dich ab. Ich schwör’s.«

Sie wandte den Kopf, entdeckte den Range Rover und ging darauf zu. »Er ist nur ein winziger Kerl, aber er wird mir langsam zu schwer. Mach die Tür für mich auf.«

Hinter ihr brüllte Wallace etwas.

Sie spürte ein Jucken im Rücken. Ein kalkuliertes Risiko. Aber sie wusste, wie man ihn zu behandeln hatte.

Er stürmte ihr nach, überholte sie. Sein Gesicht war rot angelaufen. »Wieso tust du nicht, was man dir sagt, verfluchte Kacke?«, sagte er.

Ihre Achselhöhlen kribbelten vor Schweiß. »Würdest du bitte die Tür aufmachen?«

Er knurrte, knallte den Revovler aufs Autodach und schlug eine Beule hinein. Verfluchter Idiot. Dann bewegte er sich, als wäre ein Pitbull hinter ihm her. »Scheiße, Scheiße, Scheißel«, sagte er und riss die Tür auf.

Sie legte Schnuckelchen vorsichtig auf den Rücksitz und beschwor ihn: »Bleib hier liegen, mein Schatz.« Sie stieg nach ihm ein.

»Der blutet mir den ganzen Sitz voll«, sagte Wallace.

»Und was ist mit dir?«, sagte sie. Ein dünner Faden aus dunklem Blut war aus dem provisorischen Verband gesickert, rann an seinem Arm herunter und tröpfelte von seinem kleinen Finger.

»Das ist nichts.« Er schüttelte den Arm.

»Wir müssen ihn zu ‘nem Tierarzt bringen, Wallace.«

Wallace knallte die Tür zu, stürmte zum Fahrersitz und setzte sich hinters Steuer. Er schaute sie über den Rückspiegel an. Sie wandte den Blick ab und streichelte Schnuckelchens Kopf. Kurz darauf erwachte der Motor brummend zum Leben. Sie bettete den Kopf von Schnuckelchen in ihren Schoß. Das sah allerdings unbequem aus, denn er hatte nicht den längsten Hals der Welt, und daher legte sie seinen Kopf wieder auf den Sitz. Gott, sie hoffte nur, dass er wieder gesund wurde. Sie würde den Tierarzt fragen, was für eine Sorte Hund er war, denn sie hatte keine Ahnung. Irgendeine Art Terrier, das ja, aber eine ganz besondere Züchtung, dessen war sie sicher.

Sie streichelte seine Wange, und er streckte die Zunge heraus und leckte ihr die Hand. Nur ein Mal. Es schien ihn irrsinnig anzustrengen.

Viel Blut war nicht zu sehen. Wallace hatte einen Riesenaufstand gemacht. Nur ein bisschen von Schnuckelchens Kopf und von der Stelle gleich über seinem fehlenden Bein. Er würde wieder gesund werden. Wenn sie rechtzeitig zum Tierarzt kamen. Da war sie sich sicher. »Kannst du nicht schneller fahren?«

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