Read Hard Man Online

Authors: Allan Guthrie

Hard Man (27 page)

BOOK: Hard Man
3.75Mb size Format: txt, pdf, ePub
ads

Was auch gut so war. Er bekam einen Schlag seitlich auf den Kopf ab. Und noch einen, wo das Kinn von Jesus ihn auf halbem Weg zwischen Magen und Eiern traf. Hätte schlimmer kommen können. Hätte dreißig Zentimeter tiefer sein können. Oder ihm in die Seite krachen, wo seine Rippen immer noch kein Ruhe gaben.

Jesus war nicht so billig davongekommen. Er schrie ins Hemd von Pearce hinein; sein Atem war warm und feucht.

Er hörte sich an, als sei irgendwas gebrochen. Vielleicht nur ein Knochen im Arm, vielleicht auch eine Rippe oder zwei. Die Bank, an die Pearce gebunden war, war mit einer Matratze gepolstert, aber Pearce war massiv und unnachgiebig, und Jesus hatte sich auch nicht besser schützen können als Pearce selbst.

Jesus machte einen Heidenlärm. Nicht gut. Er musste mit dem Schmerz fertig werden, sonst war der ganze Aufstand umsonst gewesen. Was er möglicherweise sowieso war, doch Pearce wollte erleben, was als Nächstes kam.

Pearce kannte sich aus mit Schmerzen und wie man damit umgehen musste. Der Kreuzbalken drückte seinen Kopf an die Bank, und es fing an wehzutun. Und zwar richtig übel. Grelle Blitze, zweifellos denen ähnlich, die Jesus gerade sah, aber die hier wurden nicht von Drogen hervorgerufen. Scheiße, nein, er verlor das Bewusstsein, und das war alles andere als gut.

Jesus brauchte ihn. So sehr, wie er Jesus brauchte, genau genommen. Eine perverse Art gegenseitiger Abhängigkeit.

 

Der Innenraum des Autos stank nicht mehr so schlimm nach Hund, obwohl das wahrscheinlich daran lag, dass Flash sich an den Geruch gewöhnt hatte und die Sorge um May bewirkte, dass ihm der Gestank scheißegal war, weil er nur noch qualmenden Gummi riechen wollte.

Er wünschte sich verzweifelt, das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten, aber er wusste, dass er langsam fahren musste, wenn er sie finden wollte.

Er fuhr die Ardmillan Terrace hinauf und bog in die Slateford Road ab. Nach Mays Erinnerung, wo Wallace hingefahren war, musste die Kirche hier irgendwo in der Nähe sein.

»May«, sagte Flash ins Handy. »Die Kirche, hat die ‘ne große Turmspitze?« Dann würde er sie mühelos von der Straße aus sehen und konnte beschleunigen, wie er es gerne gemacht hätte.

»May?« Aber May antwortete nicht. Flash dachte, er müsste gleich kotzen, und weil das Gefühl so stark war, kurbelte er für alle Fälle das Fenster runter.

Das Auto bewegte sich nur schleichend vorwärts. Von Zeit zu Zeit sagte Flash den Namen seiner Schwester ins Telefon, während er beide Seiten der Straße nach einer Kirche, einer Turmspitze, einer Einfahrt, May, dem Hund absuchte, wohl wissend, dass er schön langsam machen musste, obwohl jede Sehne in seinem Körper danach schrie, einen Zahn zuzulegen, weil jede Sekunde kostbar war und sie nicht antwortete, obwohl er immer wieder ihren Namen sagte, und er redete sich gut zu, sich endlich zu beruhigen, und deshalb kniff er den Mund zu, denn nur so konnte er sich davon abhalten, zu schreien, und er dachte, dass es keine große Hilfe war, dass er sich in der Gegend nicht besonders gut auskannte, und wieso hatte er nie ein bisschen besser aufgepasst, wenn er früher hier langgekommen war, und er konnte nicht anders, nein, er schrie ins Handy: »May! Bist du da? May!«

Diesmal kam eine Antwort. Eine Männerstimme.

Flash wurde wieder übel.

»May hat dir was zu sagen«, sagte Wallace. »Hör gut zu.«

Und Flash hörte den Motor aufheulen und einen dumpfen Schlag und einen Schrei, und er schrie ins Telefon, verfluchte die beschissene Drecksau und war still, oh, ganz still, als er den Range Rover von Wallace ausmachte, der gerade sechs Meter vor ihm im Begriff war, aus einer Einfahrt auf die Straße einzubiegen.

Mit einer eingedrückten Scheißstoßstange.

Wallace saß am Steuer. Blutverschmiert, den Hemdsärmel zerfetzt und um den Arm geschlungen, und er sah aus wie besoffen.

Flash schaute nach rechts. Ein Kirchturm.

Er dachte nicht darüber nach. Er trat das Gaspedal durch.

»Du bist tot«, brüllte er ins Handy.

Was ein Fehler war, denn Wallace entdeckte ihn und bog mit quietschenden Reifen in die Straße ein.

Flash nahm den Fuß vom Pedal. Er hätte ihm folgen können, und ein, zwei Sekunden lang schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, aber er konnte May nicht zurücklassen.

Sein Gesicht war heiß und verschwitzt, und er packte das Steuer, als wollte er ihm das Leben herausquetschen. Er bog in die Einfahrt ein und überraschte sich echt selbst: Er fing an zu beten.

 

»Hör auf mit dem verdammten Krach«, brachte Pearce gepresst hervor, das Gesicht flach auf die Matratze gedrückt. Vielleicht war er ja zu streng mit Jesus. Wahrscheinlich war es genau der Krach, der ihn davon abhielt, ohnmächtig zu werden. Er hätte ihm dankbar sein sollen, aber Scheiße, es fiel schwer, jemandem dankbar zu sein, der einen derart kindischen Lärm machte. Und Herrgott, roch dieser junge Jesus übel!

Pearce kam zu dem Schluss, dass er zwischen zwei Möglichkeiten wählen konnte. Erstens: Er konnte mit Jesus mitsingen, obwohl das Gejaule wohl kaum melodisch war. Zweitens: Er konnte eine konzentrierte Anstrengung unternehmen, den lauten, stinkigen Mistkerl von sich runterzukriegen. Es wäre schön gewesen, wieder frei atmen zu können und den Druck auf seinen Kopf zu mildern, und da er noch nie eine besonders gute Singstimme gehabt hatte, fiel die Wahl nicht schwer.

Ein Mann der Tat handelt. Er redet oder überlegt nicht. Er wiederholt sich nicht. Nichts da. Er handelt. Das tut er. So beurteilt man einen Mann. Nicht danach, was er sagt, sondern danach, was er tut.

Jawoll.

Na,
dann hör auf zu quasseln, und sieh zu, dass du den Wichser von dir runterkriegst.
Okay, Sir.

Jetzt redete er wirklich mit sich selbst. Jesus jaulte immer noch.

Mit Hals und Schulter drückte Pearce gegen den Balken. Es tat weh, aber das spielte kaum eine Rolle. Nur noch ein kleines Ungemach mehr zu all den übrigen. Er drückte wieder, spürte, wie er sich verschob. Noch mal, und er verschob sich ein bisschen weiter. Ein Fortschritt. Er hielt inne, um Luft zu holen. Atmete ein paarmal durch, seine Halsmuskeln brannten. Fragte sich, wieso die stinkende Luft nicht mehr so stank. Konzentrierte sich. Eins, zwei, drei, noch ein Stück. Bingo! Der Kreuzbalken rutschte auf seine Brust herunter, was toll war, aber er bohrte sich in sein Schlüsselbein, was nicht so toll war.

Trotzdem ein kleiner Sieg.

Und Jesus hielt endlich das Maul, was ein zweiter kleiner Sieg war. Es sei denn, er starb gerade. Darin lag kein Sieg, weder klein noch groß. Pearce brauchte den bärtigen Irren, der ihm helfen musste, hier rauszukommen. Es sei denn, er würde ihn bei dem Versuch umbringen.

 

Oh ja, sie wusste, dass es schlimm werden würde, aber sie war nicht darauf gefasst,
wie
schlimm.

Sie spürte keine Schmerzen. Am Anfang wenigstens. So lief das nicht. Nein, ein Licht blendete sie. Absurd. Und kein Irrtum.

Richtig absurd wurde es erst, als ihr klar wurde, dass sie den Schmerz sah. Nicht spürte. Verrückt, klar, doch irgendwie ergab es trotzdem einen Sinn. Der Schmerz verfestigte sich zu einer dünnen Stange, die surrte. Wie ein Lichtschwert.

Alles im Bruchteil einer Sekunde.

Sie wusste nicht, wo sie getroffen war. Steißbein, Hüfte.

Irgendwo in der Gegend musste es sein. Aber sie wusste, dass sie durch die Luft flog.

Sie machte sich darauf gefasst, was jetzt kommen würde.

Spürte überhaupt nichts. Was möglicherweise bedeutete, dass ihre Wirbelsäule gebrochen war. Aber nein, sie konnte den Schmerz immer noch sehen, er hatte höchstwahrscheinlich nur noch keine Zeit gehabt, sich bemerkbar zu machen.

Sie prallte mit voller Wucht gegen die Windschutzscheibe. Zuerst mit der Schulter, dann mit der Kopfseite.

Krachte auf die Erde. Bekam keine Luft mehr.

Wallace fuhr davon. Mit Schnuckelchen auf dem Rücksitz.

Sie versuchte zu atmen, doch es war, als würde das Auto auf ihrer Brust parken. Vor Panik war ihr eiskalt. Eine solche Angst hatte sie noch nie gehabt.

Ein weiterer Versuch zu atmen.

Nichts.

Dunkle Flecken am Rand ihres Blickfelds.

Und dann ein Atemzug, so unglaublich süß. Und noch einer. Und noch einer.

Schmerzen schossen ihr durch die Hüfte.

Sie schmeckte Blut im Mund.

Ein dumpfes Pochen in der Schulter.

Und keine Minute später stand Flash über ihr, schrie sie an, und sie hatte keine Ahnung, wieso er so sauer war.

Sie konnte kein Wort hören von dem, was er sagte.

 

Wallace merkte kaum noch, dass er auf Glasscherben saß. Er fuhr an den Straßenrand und versuchte, die Splitter mit dem Handrücken vom Sitz zu wischen, aber sie bohrten sich in den Stoff, versteckten sich in den kleinen Rillen. Und immer noch tropfte ihm Blut aus dem Hals direkt auf den Sitz, was echt scheiße war - fast so scheiße wie der bescheuerte Scheißköter auf dem Rücksitz, der die Augen aufmachte und ihn anschaute -, folglich setzte er sich wieder und fuhr weiter.

Er brauchte ärztliche Hilfe, und zwar nicht für seinen angekratzten Hintern. Doch wenn er in ein Krankhaus ging, war er angeschissen. Er würde überleben, aber in den Bau einfahren. Es blieb ihm nicht anderes übrig, als so lange weiterzukämpfen, wie er konnte, und zu hoffen, dass er nicht verblutete. Die Schlampe hatte zum Scheißglück nicht seine Halsschlagader getroffen, aber es kam massenhaft Blut aus der Wunde, ein stetiges Rinnsal.

Schade, dass sie ihren angenagelten Freund nicht zu sehen bekommen würde. Nichts verlief nach Plan. Wallace wollte nach Hause fahren, sich zusammenflicken und die beiden Leichen im Keller entsorgen.

Ach Scheiße. Wen wollte er hier verarschen?

Er hatte den alten Knaben bei Jacob erschossen. Er hatte May überfahren. Er war echt angeschissen. Er konnte nur noch zu Ende bringen, was er angefangen hatte.

Er hatte nach wie vor die Kanone. Hatte sie hinter dem Vorderrad herausgeklaubt. Konnte sich jetzt gleich eine Kugel in den Kopf schießen oder nach Hause fahren, Ordnung machen und es dann tun.

Falls die Polizei nicht auf ihn wartete. Soviel er wusste, hatte jemand die Schüsse in Baxters Haus gemeldet, und Baxter hatte ausgepackt. Und wieso auch nicht? An seiner Stelle hätte Wallace es gemacht. Andererseits, wenn niemand Schüsse gemeldet hatte, dann war Wallace fürs Erste in Sicherheit.

Gab es einen Ausweg aus dem Ganzen?

Nee.

Wenn er schon abtreten musste, dann würde er Jesus mitnehmen. Pearce war ihm nicht so wichtig, aber dieser kleine Scheißkerl, der mit May geschlafen hatte … Ach, scheiß drauf, es machte ihm nicht mal was aus, ihn leben zu lassen, doch er wollte, dass er erfuhr, dass May tot war. Zugegeben, vielleicht war sie gar nicht tot, allerdings konnte Jesus das ja nicht wissen.

Wallace trat das Gaspedal durch bis zum Anschlag.

Sein Arm war okay, blutete noch, der Hemdsärmel, den er drumgewickelt hatte, war jetzt fast überall rot. Aber das Hauptproblem war sein Hals. Seine beschissene Gattin hatte ihm fast den beschissenen Kopf abgeschnitten. Sein Kragen war blutgetränkt. Er musste duschen und das Hemd wechseln, bevor er irgendetwas unternahm. Es mochte ja Leute geben, die gern schmutzig starben, Wallace gehörte definitiv nicht dazu.

 

Glücklicherweise war Jesus nicht tot. Nur vor Schmerz vorübergehend ohnmächtig geworden.

»Wo tut’s weh?«, fragte Pearce ihn. Er versuchte, ihn am Reden zu halten, damit er wach blieb, jetzt wo er wieder da war. Pearce hoffte, der Schmerz hätte ihn wieder klar gemacht, den Pilzen ein bisschen entgegengewirkt.

»Bein«, sagte er. Eine Antwort. Ein kleiner Dialog. Ausgezeichnet. Und er schrie nicht mehr. Pearce vermutete, dass er unter Schock stand. Na ja, tiefer unter Schock stand, da der Schockzustand wahrscheinlich eingesetzt hatte, als Wallace ihm den ersten Nagel durch die Hand gejagt hatte. Es ging ihm eigentlich ziemlich gut, daran gemessen.

Womöglich war er auch schon vorher unter Schock gewesen. In seinem Käfig, als ihm klar wurde, dass er diesen Raum nie wieder lebend verlassen würde.

»Zähne«, sagte Jesus, was Pearce total verwirrte. »Starke Zähne.« Jesus zog die Lippen zurück wie ein ausgeflippter Schimpanse.

Oh Scheiße. Jetzt hatte er wirklich den Verstand verloren.

 

Flash wusste nicht, ob er sie hochheben oder bewegen oder … oder was er tun sollte, und er stand da und spielte mit seinen Autoschlüsseln wie ein Trottel und hätte am liebsten geheult, aber er dachte sich, wenn er sie so auf dem Rücken liegen lassen würde, mit der zermanschten Nase, die blutete, würde sie ertrinken oder so was, und da er ja nicht dastehen und dabei zusehen konnte, sagte er zu ihr, er werde ihren Kopf bewegen.

Sie lächelte ihn an, was ihm Angst machte.

Aus ihrem linken Ohr sickerte Blut, und das machte ihm auch Angst.

Er rief, aber da auch das nicht zu ihr durchzudringen schien, ließ er die Kommunikationsversuche sein, zog seine Jacke aus und rollte sie zusammen und bückte sich. Langsam hob er ihren Kopf an und sah, dass ihre Wange rot und geschwollen war und dass sie eine Beule unter dem Auge hatte, die ganz hart war, vielleicht war es ja Knochen, und er sagte: »Scheiße«, denn das sah echt übel aus. Er drehte ihren Kopf zur Seite und senkte ihn behutsam auf das Kissen, das er aus seiner Jacke gemacht hatte. Die andere Seite ihres Gesichts sah normal aus.

»Ich friere«, sagte sie kaum verständlich.

Er zog sein Sweatshirt aus und deckte sie damit zu. Schlug seine nackten Arme übereinander. Es war kühl, nicht grade T-Shirt-Wetter.

»Ich kann nichts hören«, sagte sie. »Kannst du mich hören?«

Er nickte.

»Ich kann meine Beine nicht spüren«, sagte sie. »Es tut überhaupt nicht weh. Komisch, was?« Sie erschauerte.

Er schaute nach unten und schob den Ärmel des Sweatshirts beiseite, konnte aber nichts sehen, ohne ihr die Kleider auszuziehen, und da er das nicht wollte, wählte er 999. Sollten die Fachleute sich drum kümmern. Wurde auch Zeit, oder?

Und während er da saß und auf den Krankenwagen wartete und den Streifenwagen, denn sie schickten nie einen ohne Polizeieskorte, musterte er ihren zerschundenen Körper.

»Flash«, sagte sie.

Er streichelte ihre Hand. »Was ist?«

Sie schüttelte ganz leicht den Kopf, um ihm zu sagen, dass sie ihn immer noch nicht hören konnte. »Versprich mir was.«

BOOK: Hard Man
3.75Mb size Format: txt, pdf, ePub
ads

Other books

Tip-Top Tappin' Mom! by Nancy Krulik
Infinity by Andria Buchanan
Daphne's Book by Mary Downing Hahn
Looking at the Moon by Kit Pearson
A Woman Gone Mad by Kimber S. Dawn
Battle Hymns by Cara Langston
Mistress of the Sun by Sandra Gulland
Taste of Pleasure by Lisa Renee Jones
The Amnesia Clinic by James Scudamore