Ahead of All Parting (5 page)

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Authors: Rainer Maria Rilke

BOOK: Ahead of All Parting
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Sie war schon nicht mehr diese blonde Frau,

die in des Dichters Liedern manchmal anklang,

nicht mehr des breiten Bettes Duft und Eiland

und jenes Mannes Eigentum nicht mehr.

Sie war schon aufgelöst wie langes Haar

und hingegeben wie gefallner Regen

und ausgeteilt wie hundertfacher Vorrat.

Sie war schon Wurzel.

Und als plötzlich jäh

der Gott sie anhielt und mit Schmerz im Ausruf

die Worte sprach: Er hat sich umgewendet—,

begriff sie nichts und sagte leise:
Wer?

Fern aber, dunkel vor dem klaren Ausgang,

stand irgendjemand, dessen Angesicht

nicht zu erkennen war. Er stand und sah,

wie auf dem Streifen eines Wiesenpfades

mit trauervollem Blick der Gott der Botschaft

sich schweigend wandte, der Gestalt zu folgen,

die schon zurückging dieses selben Weges,

den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,

unsicher, sanft und ohne Ungeduld.

*

 

She had come into a new virginity

and was untouchable; her sex had closed

like a young flower at nightfall, and her hands

had grown so unused to marriage that the god’s

infinitely gentle touch of guidance

hurt her, like an undesired kiss.

She was no longer that woman with blue eyes

who once had echoed through the poet’s songs,

no longer the wide couch’s scent and island,

and that man’s property no longer.

She was already loosened like long hair,

poured out like fallen rain,

shared like a limitless supply.

She was already root.

And when, abruptly,

the god put out his hand to stop her, saying,

with sorrow in his voice: He has turned around—,

she could not understand, and softly answered

Who?

                                                   Far away,

dark before the shining exit-gates,

someone or other stood, whose features were

unrecognizable. He stood and saw

how, on the strip of road among the meadows,

with a mournful look, the god of messages

silently turned to follow the small figure

already walking back along the path,

her steps constricted by the trailing graveclothes,

uncertain, gentle, and without impatience.

ALKESTIS

Da plötzlich war der Bote unter ihnen,

hineingeworfen in das Überkochen

des Hochzeitsmahles wie ein neuer Zusatz.

Sie fühlten nicht, die Trinkenden, des Gottes

heimlichen Eintritt, welcher seine Gottheit

so an sich hielt wie einen nassen Mantel

und ihrer einer schien, der oder jener,

wie er so durchging. Aber plötzlich sah

mitten im Sprechen einer von den Gästen

den jungen Hausherrn oben an dem Tische

wie in die Höh gerissen, nicht mehr liegend,

und überall und mit dem ganzen Wesen

ein Fremdes spiegelnd, das ihn furchtbar ansprach.

Und gleich darauf, als klärte sich die Mischung,

war Stille; nur mit einem Satz am Boden

von trübem Lärm und einem Niederschlag

fallenden Lallens, schon verdorben riechend

nach dumpfem umgestandenen Gelächter.

Und da erkannten sie den schlanken Gott,

und wie er dastand, innerlich voll Sendung

und unerbittlich,—wußten sie es beinah.

Und doch, als es gesagt war, war es mehr

als alles Wissen, gar nicht zu begreifen.

Admet muß sterben. Wann? In dieser Stunde.

Der aber brach die Schale seines Schreckens

in Stücken ab und streckte seine Hände

heraus aus ihr, um mit dem Gott zu handeln.

Um Jahre, um ein einzig Jahr noch Jugend,

um Monate, um Wochen, um paar Tage,

ach, Tage nicht, um Nächte, nur um Eine,

um Eine Nacht, um diese nur: um die.

Der Gott verneinte, und da schrie er auf

und schrie’s hinaus und hielt es nicht und schrie

wie seine Mutter aufschrie beim Gebären.

*

ALCESTIS

Then all at once the messenger was there,

amid the simmer of wedding guests: dropped in

like the last ingredient into a bubbling pot.

They kept on drinking and did not feel the stealthy

entrance of the god, who held his aura

as tight against his body as a wet cloak,

and seemed to be like any one of them

as he walked on. But abruptly, halfway through

a sentence, one guest saw how the young master

was startled from his couch at the table’s head,

as though he had been snatched up into the air

and mirroring, all over, with all his being,

a strangeness that addressed him, horribly.

And then, as though the mixture cleared, there was

silence; on the bottom, just the dregs

of muddy noise and a precipitate

of falling babble, already giving off

the rancid smell of laughter that has turned.

For now they recognized the slender god,

and, as he stood before them, filled with his message

and unentreatable,—they almost knew.

And yet, when it was uttered, it was beyond

all understanding; none of them could grasp it.

Admetus must die. When? Within the hour.

But by this time he had broken through the shell

of his terror; and he thrust out both his hands

from the jagged holes, to bargain with the god.

For years, for only one more year of youth,

for months, for weeks, for just a few more days,

oh not for days: for nights, for just a night,

for one more night, for just this one: for this.

The god refused; and then
he
started screaming,

and screamed it out, held nothing back, screamed

as his own mother once had screamed in childbirth.

*

 

Und die trat zu ihm, eine alte Frau,

und auch der Vater kam, der alte Vater,

und beide standen, alt, veraltet, ratlos,

beim Schreienden, der plötzlich, wie noch nie

so nah, sie ansah, abbrach, schluckte, sagte:

Vater,

liegt dir denn viel daran an diesem Rest,

an diesem Satz, der dich beim Schlingen hindert?

Geh, gieß ihn weg. Und du, du alte Frau,

Matrone,

was tust du denn noch hier: du hast geboren.

Und beide hielt er sie wie Opfertiere

in Einem Griff. Auf einmal ließ er los

und stieß die Alten fort, voll Einfall, strahlend

und atemholend, rufend: Kreon, Kreon!

Und nichts als das; und nichts als diesen Namen.

Aber in seinem Antlitz stand das Andere,

das er nicht sagte, namenlos erwartend,

wie ers dem jungen Freunde, dem Geliebten,

erglühend hinhielt übern wirren Tisch.

Die Alten (stand da), siehst du, sind kein Loskauf,

sie sind verbraucht und schlecht und beinah wertlos,

du aber, du, in deiner ganzen Schönheit—

Da aber sah er seinen Freund nicht mehr.

Er blieb zurück, und das, was kam, war
sie
,

ein wenig kleiner fast als er sie kannte

und leicht und traurig in dem bleichen Brautkleid.

Die andern alle sind nur ihre Gasse,

durch die sie kommt und kommt—: (gleich wird sie da sein

in seinen Armen, die sich schmerzhaft auftun).

Doch wie er wartet, spricht sie; nicht zu ihm.

Sie spricht zum Gotte, und der Gott vernimmt sie,

und alle hörens gleichsam erst im Gotte:

Ersatz kann keiner für ihn sein. Ich
bins.

Ich bin Ersatz. Denn keiner ist zu Ende

*

 

And she came up beside him, an old woman,

and his father came up also, his old father,

and both stood waiting—old, decrepit, helpless—

beside the screaming man, who, as never before

so closely, saw them, stopped, swallowed, said:

Father,

do you care about the wretched scrap of life

still left you, that will just stick in your throat?

Go spit it out. And you, old woman, old

Mother,

why should you stay here? you have given birth.

And grabbed them both, like sacrificial beasts,

in his harsh grip. Then suddenly let them go,

pushed the old couple off, inspired, beaming,

breathing hard and calling: Creon! Creon!

And nothing else; and nothing but that name.

Yet in his features stood the other name

he could not utter, namelessly expectant

as, glowing, he held it out to the young guest,

his dearest friend, across the bewildered table.

These two old people (it stood there) are no ransom,

they are used up, exhausted, nearly worthless,

but you, Creon, you, in all your beauty—

But now he could no longer see his friend,

who stayed behind; and what came forth was
she
,

almost a little smaller than as he knew her,

slight and sad in her pale wedding dress.

All the others are just her narrow path,

down which she comes and comes—: (soon she will be

there, in his arms, which painfully have opened).

But while he waits, she speaks; though not to him.

She is speaking to the god, and the god listens,

and all can hear, as though within the god:

No one can be his ransom: only I can.

I
am
his ransom. For no one else has finished

*

 

wie ich es bin. Was bleibt mir denn von dem

was ich hier war? Das
ists
ja, daß ich sterbe.

Hat sie dirs nicht gesagt, da sie dirs auftrug,

daß jenes Lager, das da drinnen wartet,

zur Unterwelt gehört? Ich nahm ja Abschied.

Abschied über Abschied.

Kein Sterbender nimmt mehr davon. Ich ging ja,

damit das Alles, unter Dem begraben

der jetzt mein Gatte ist, zergeht, sich auflöst—.

So führ mich hin: ich sterbe ja für ihn.

Und wie der Wind auf hoher See, der umspringt,

so trat der Gott fast wie zu einer Toten

und war auf einmal weit von ihrem Gatten,

dem er, versteckt in einem kleinen Zeichen,

die hundert Leben dieser Erde zuwarf.

Der stürzte taumelnd zu den beiden hin

und griff nach ihnen wie im Traum. Sie gingen

schon auf den Eingang zu, in dem die Frauen

verweint sich drängten. Aber einmal sah

er noch des Mädchens Antlitz, das sich wandte

mit einem Lächeln, hell wie eine Hoffnung,

die beinah ein Versprechen war: erwachsen

zurückzukommen aus dem tiefen Tode

zu ihm, dem Lebenden—

Da schlug er jäh

die Hände vors Gesicht, wie er so kniete,

um nichts zu sehen mehr nach diesem Lächeln.

 

with life as I have. What is left for me

of everything I once was? Just my dying.

Didn’t she tell you when she sent you down here

that the bed waiting inside belongs to death?

For I have taken leave. No one dying

takes more than that. I left so that all this,

buried beneath the man who is now my husband,

might fade and vanish—. Come: lead me away:

already I have begun to die, for him.

And veering like a wind on the high seas,

the god approached as though she were already

dead, and instantly was there beside her,

far from her husband, to whom, with an abrupt

nod, he tossed the hundred lives of earth.

The young man hurried, staggering, toward the two

and grasped at them as in a dream. But now

they had nearly reached the entrance, which was crowded

with sobbing women. One more time he saw

the girl’s face, for just a moment, turning toward him

with a smile that was as radiant as a hope

and almost was a promise: to return

from out of the abyss of death, grown fully,

to him, who was still alive—

At that, he flung

his hands before his own face, as he knelt there,

in order to see nothing but that smile.

ARCHAÏSCHER TORSO APOLLOS

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,

darin die Augenäpfel reiften. Aber

sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,

in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug

der Brust dich blenden, und im leisen Drehen

der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen

zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz

unter der Schultern durchsichtigem Sturz

und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern

aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,

die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

ARCHAIC TORSO OF APOLLO

We cannot know his legendary head

with eyes like ripening fruit. And yet his torso

is still suffused with brilliance from inside,

like a lamp, in which his gaze, now turned to low,

gleams in all its power. Otherwise

the curved breast could not dazzle you so, nor could

a smile run through the placid hips and thighs

to that dark center where procreation flared.

Otherwise this stone would seem defaced

beneath the translucent cascade of the shoulders

and would not glisten like a wild beast’s fur:

would not, from all the borders of itself,

burst like a star: for here there is no place

that does not see you. You must change your life.

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