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Authors: Allan Guthrie

Hard Man (8 page)

BOOK: Hard Man
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Du hast eine Scheißkanone.

Er zog den Revolver aus dem Hosenbund. Hielt ihn. Zielte auf Wallace.

Das würde den Wichser jetzt einschüchtern.

Wallace schaute ihn an. Zuckte nicht mit der Wimper. Sein Blick schwankte keine Sekunde lang.

Scheiße, man musste es ihm besorgen. Rog war drauf und dran, sich in die Hosen zu pinkeln, und dabei war
er
derjenige mit der Kanone. Würde er es bringen?

Ja. Er spannte den Hahn. Hielt die Waffe mit beiden Händen. Versuchte, die eine mit der anderen zu stabilisieren. Beide zitterten. Seine Handflächen waren verschwitzt. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.

»Was soll der Scheiß?«, sagte Wallace mit völlig ruhiger Stimme.

»Du bist tot«, sagte Rog mit bebender Stimme.

»Wieso nimmst du nicht die Knarre runter, Roger? Wir können doch über alles reden.«

»Können wir nicht.«

»Klar können wir.«

Als Wallace sich bewegte, schrie Roger auf und drückte ab.

 

Der Rückschlag warf Rog nach hinten. Darauf war er nicht gefasst. Der Revolver sprang aus seinen glitschigen Fingern und fiel klappernd zu Boden.

»Den nehm ich mal«, sagte Wallace und hob die Waffe auf. Er wischte den Lauf an der Hose ab. »Ehe noch jemand verletzt wird.«

Rog versuchte, sich aufzusetzen. Seine Brust schmerzte, wenn er zu atmen versuchte. Was für eine Pleite. Er verdiente, was jetzt kommen würde. Er hoffte nur, es ginge schnell vorbei.

Wallace beugte sich über ihn. Rogs Herz schlug schneller. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sein Herz so schnell schlagen konnte. Heilige Scheiße.

Wallace schaute sich um. »Zum Glück hast du nicht mehr kaputt gemacht als die Decke da drüben.« Er deutete auf das Loch oben an der Treppe, die in den Keller führte. »Ziemliche Sauerei, hm?« Ein Stück Putz war auf die Treppe gefallen und hatte eine Staubwolke aufgewirbelt. Er tätschelte Rog das Bein. »Ich schick dir die Rechnung.«

Rog rang nach Luft und brachte schließlich heraus: »Was hast du vor?«

»‘nen Tapezierer kommen lassen.«

Rog keuchte. Er konnte überhaupt nicht mehr atmen. Seine Brust fühlte sich eingeschnürter an denn je. »Mit mir«, japste er. »Was hast du mit mir vor?«

»Du siehst blass aus. Brauchst du ‘nen Arzt?« Rog schüttelte den Kopf, »’nen Schluck Wasser?« Rog nickte.

»Na, wie schade«, sagte Wallace. »Aber jetzt mal Spaß beiseite, hm?«

Rog wusste nicht genau, wie Hyperventilieren sich anfühlte, aber er vermutete, dass er genau das tat. Ein stählernes Band lag um seine Brust. Sein Herz - Scheiße, hatte er etwa einen Herzinfarkt? Seine Arme, Beine, Mund kribbelten wie verrückt. Wallace würde ihn erschießen. Er wusste es. Junge, wer würde da nicht hyperventilieren? Wer hätte da keinen Scheißherzinfarkt? Vielleicht hatte er ja beides? Um Himmels willen, verdammt, wieso brachte es die Drecksau nicht einfach hinter sich?

»Erschieß mich«, sagte Rog. »Du Wichser.«

»Okay«, sagte Wallace.

 

Wallace setzte Rog den Revolver an die Stirn.

»Au«, sagte Rog und zog den Kopf zurück. Die Mündung war glühend heiß. Na ja, jedenfalls fühlte sie sich so an.

Wallace schaute ihn an, ohne eine Verbindung zwischen Rogs Schmerz und der Waffe zu ziehen. Als dann Rog die Hand zur Stirn hob, um die Stelle zu berühren, wo der Revolver ihm die Haut verbrannt hatte, legte Wallace die Finger um den Lauf, fasste misstrauisch zu und riss sie ruckartig wieder zurück. »Gar nicht gemerkt«, sagte er. »Das ist ja verflucht heiß.«

Dann legte er die Waffe an Rogs Lippen. Genau über der Naht.

Rogs Kopf zuckte erneut nach hinten, aber diesmal blieb Wallace dran und drückte die Waffe auf Rogs Mund. Rogs Hinterkopf presste sich gegen die Wand und ging nicht weiter zurück.

Der Revolver war nicht glühend heiß. Nicht wie ein Brandeisen. Aber es tat dennoch scheißweh. Und Blut tropfte auf Rogs Zunge. Rog streckte die Hand aus und packte Wallace am Arm.

»Nichts da«, sagte Wallace.

»Wie meinst du das?«, sagte Rog, dem der Schmerz das Wasser in die Augen trieb. Er konnte den Pulverdampf riechen, und ihm wurde übel.

»Nimm die Hand wieder runter, sonst drück ich ab«, sagte Wallace.

Rog blickte ihm in die Augen. Er meinte es ernst. Rog ließ die Hand wieder an die Seite sinken. Seine Lippe brannte, aber innerlich war ihm so kalt, dass er zu zittern begann.

Denn das hier war schlimm. Schlimmer, als wenn Wallace die Kanone auf ihn gerichtet und ihn direkt erschossen hätte. Denn Wallace machte diese Scheiße, und wahrscheinlich würde er die Kanone sowieso auf ihn richten und ihn erschießen, wenn er seinen Spaß gehabt hatte.

Rog traute sich kaum, zu atmen, obwohl er am liebsten vor Schmerz geschrien hätte.

Oder vielleicht war es gar nicht der Schmerz. Vielleicht war es ja nur die Situation. Dass er einen Psychopathen gegen sich aufgebracht hatte, der jetzt mit einer Kanone über ihm stand und ihm die Mündung gegen die zerfetzte Fresse drückte. Das genügte wahrscheinlich schon, um ihn zum Schreien zu bringen.

Und wenn er aufschrie, dann drückte Wallace bei dem plötzlichen Lärm am Ende noch ab. Ohne es zu wollen.

Oder er drückte vielleicht so oder so ab. Absichtlich. Ob mit oder ohne Schrei.

Also konnte Rog genauso gut schreien. Es sei denn, Wallace hatte gar nicht vor, ihn zu erschießen. Doch das war nicht sehr wahrscheinlich. Aber möglich.

Und Möglichkeiten waren es wert, ausgetestet zu werden, wenn man kurz vor der Erschießung stand.

»Hast du vor, mich abzuknallen?«, fragte Rog außer Atem.

Wallace verzog das Gesicht und presste die Kanone fest gegen Rogs Naht. Und drehte.

»Ah, Scheiße, ah«, sagte Rog gedämpft, denn der Schmerz von der Mündung, die sich in seine Haut bohrte, war weit schlimmer als das Brennen.

Wallace zog den Revolver ein Stück von Rogs Gesicht zurück und sagte: »Vielleicht.«

»Hör mal«, sagte Rog und spreizte die Finger, »das hier ist alles nur ein Riesenmissverständnis.«

»Ach was?«, sagte Wallace. »Schwer zu glauben.«

»Ich wollte dir nur Angst einjagen«, sagte Rog. »Dich warnen.«

»Ich sollte dich abknallen, weil du hier Lügen erzählst«, sagte Wallace. »Du hast mit der Kanone da auf mich gezielt.« Wallace stieß seinen Arm nach vorn, und Rog dachte, die Kanone würde ihm glatt die Wange durchbohren und die Zähne ausschlagen.

»Ich wäre tot, hast du zu mir gesagt.«

»Ich hab’s nicht so gemeint«, sagte Rog.

»Nicht?«

»Ich hätte dich nie umgebracht.«

»Nicht?«

»Nein.« Sämtliche Muskeln in Rogs Körper waren schlaff. Fühlten sich an, als wären sie nirgendwo befestigt, Klumpen aus nichts als Fett und Sehnen, die innerhalb großer Hautlappen herumschwappten. »Ein Missverständnis«, wiederholte er mit einem feuchten Wispern und schlapper Zunge im blutigen Mund.

»Echt?«

»Ehrlich.«

»Na fein«, sagte Wallace. »Wenn das so ist…« Er ließ den Arm sinken.

Rog fing wieder zu atmen an, aber er hatte den Verdacht, dass das Ganze nichts als ein Bluff war. Wallace, der Sadist, machte Rog in Wahrheit nur Hoffnungen und würde jeden Moment den Arm wieder hochreißen und Rog sauber eine Kugel durch den Schädel jagen. Sauber mittendurch. Bei dieser Entfernung würde das meiste von Rogs Hirn durch den Hinterkopf spritzen. Oh Scheiße. Der Wichser würde es durchziehen. Rog wusste es, ganz sicher.

Es musste jeden Moment so weit sein.

Sein Abzugfinger. Kleine rosa Spitze, die beim geringsten Druck, den er auf sie ausübte, weiß wurde. Kurzer, abgekauter Fingernagel.

Rog hatte keine Lust, wegen dieses Fingers zu sterben.

Irrational. Er wusste, dass er irrational war. Dabei wollte er das gar nicht. Nur das nicht. Um Gottes willen, nein, alles, nur das nicht. Aber was spielte es für eine Rolle, ob der Fingernagel von Wallace abgekaut war oder nicht?

Beruhig dich, verdammt noch mal, beruhig dich.

Durchhalten, bis die Polizei da war. Die Nachbarn hatten den Schuss bestimmt gehört und die Bullen gerufen, sie würden bald da sein.

Aber jetzt war Freitagnachmittag in Edinburgh, da konnte das alles Mögliche gewesen sein. Böllercity. Laute Kracher gab es hier jederzeit und überall.

Jederzeit überall. Ergab das einen Sinn? Rog fühlte sich benommen. Die Worte waren wie Blasen, und er wollte sie nicht zum Platzen bringen.

Herrgott, ihm war kalt, es juckte ihn, und er konnte nicht atmen, und ihm war heiß, und sein Mund war nass von Blut, und es war kalt, und seine Zähne taten weh, und seine Lippe tat weh, und ihm war nicht gut, gar nicht gut, aber er konnte sich nicht gehen lassen, konnte nicht einfach zulassen, dass er in einen Zustand kam, in dem er nicht mehr wusste, ob ihm heiß oder kalt war oder überhaupt irgendwas und irgendwie. Er musste sich zusammenreißen und sich der Situation stellen. Na los. Was konnte im schlimmsten Fall schon passieren? Wallace würde ihn umbringen. Also reiß dich zusammen. Mach dich auf das Schlimmste gefasst. Und wenn er das durchstand, dann war alles in Ordnung, denn alles andere konnte nur besser sein.

Wallace würde ihn umbringen. Und das war in Ordnung. Richtig?

Wallace saß auf seinen Hacken und beäugte Rog.

Sein Abzugfinger lockerte sich und Rog ebenfalls.

So lange, wie Wallace brauchte, um die Waffe wieder hochzureißen und die Mündung auf Rogs Knie anzusetzen. »Was meinst du, wie weh das tun würde?«, fragte er.

Rog schüttelte den Kopf. Scheiße. Er konnte die Wärme der Kanone durch die Hose spüren. Er schwitzte, wie er noch nie geschwitzt hatte. Feuchte Bäche rannen ihm über den Rücken. Gleich würde er das Bewusstsein verlieren, einen Herzinfarkt bekommen, beides, irgendwas.

»Das weißt du nicht? Na scheiß drauf, dann finden wir’s halt raus, oder?«

»Nein!«, schrie Rog. »Tu’s nicht. Und ob das wehtun würde. Ganz schlimm.«

»Ist das alles?«, sagte Wallace. »Nur >ganz schlimm

»Scheiße, das würd wehtun, so scheißschlimm, wie ich mir’s nur vorstellen kann, Scheiße noch mal.«

»Ich kann mir weitaus Schlimmeres vorstellen«, sagte Wallace. »Willst du wissen, was?«

Rog schüttelte den Kopf. Er wollte es nicht wissen. Der schlimmste Fall war überhaupt nicht der schlimmste Fall. Er würde lieber sterben, als die Kniescheibe weggeputzt zu bekommen. Er schloss die Augen.

Es half nichts. Wallace sagte es ihm trotzdem. »Stell dir vor, ich knall dir ‘n Loch ins Knie, hier, so etwa.« Er machte ein Peng-Geräusch. Rog riss die Augen auf und hätte sich fast in die Hose geschissen. Ohne Witz. Jetzt wusste er, was es hieß, wenn Leute sagten, sie hätten Schiss. »Und du brüllst vor Schmerz«, fuhr Wallace fort. »Und dann stell dir vor, ich knall dir noch ’n Loch ins andere Knie.« Er bewegte die Kanone zu Rogs anderem Bein und drückte die Mündung gegen die Kniescheibe. »Peng. Kommst du mit?«

Rog nickte. Natürlich kam er mit. Er konnte den Schmerz schon spüren, so als ob Wallace wirklich geschossen hätte. Und in seiner Brust schmerzte es, als wäre ihm auch hier reingeschossen worden.

»Also«, sagte Wallace, »was meinst du, ob beide Kniescheiben doppelt so wehtun wie eine?«

»Ich weiß es echt nicht«, sagte Rog.

»Aber was denkst du?«

»Wahrscheinlich schon.«

»Willst du’s mal ausprobieren?«

Oh Scheiße. Jetzt war’s so weit. Das Ende, verdammte Scheiße!
Das
beschissene Ende.

Die Polizei kam nicht. Die Nachbarn hatten sie nicht gerufen.

Fehlzündung. Böller. Ging sie nichts an.

»Knall mich doch einfach ab, wenn du’s schon tun willst«, sagte Rog.

»Okay«, sagte Wallace. Er stand auf.

Rog weigerte sich, zu beten. Egal wie nahe er dem Tod war, mit diesem Scheiß würde er gar nicht erst anfangen. Obwohl ihm das irgendwie als Einziges einfiel, was ihn vielleicht noch retten konnte.

»Du haust jetzt besser ab«, sagte Wallace.

Rog schaute ihn an. Ein weiterer Bluff? Was für eine Drecksau!

»Hau ab!«, sagte Wallace. »Sonst überleg ich mir’s noch anders.«

Was hatte der sadistische Wichser nun wieder vor? Würde er warten, bis Rog aufgestanden war, und ihn dann abknallen? Würde er warten, bis Rog ihm den Rücken zukehrte? Würde er warten, bis Rog halb aus der Tür war?

Oder würde er ihn hier auf der Stelle erschießen, egal was er sagte?

Okay, Rog hatte keine große Wahl. Er musste gehen.

Unsicher stand er auf, wünschte, er könnte Wallace bitten, sich auf seiner Schulter abstützen zu dürfen. Die Beine waren wacklig, als wären die Knochen zu Brei geworden. Er schleppte sich zur Tür. Öffnete sie. Die ganze Zeit über spürte er ein heftiges Kribbeln an der Stelle auf dem Rücken, auf die Wallace mit der Kanone zielte.

Aber Rog kam durch die Tür, ohne erschossen zu werden. Den Gartenweg entlang. Und er fing an zu rennen. »Peng!«, rief Wallace. Rog stiegen Tränen in die Augen.

Er bog um die Ecke, und eine Woge der Erleichterung schwappte über ihn hinweg. Er war in Sicherheit. Spuckte Blut aus. Stieg ins Auto. Setzte sich hinters Steuer und stellte fest, dass er nicht fahren konnte, weil seine Hände so zitterten. Er stieg aus und setzte sich nach hinten. Konnte nicht fassen, dass er noch am Leben war. Stand aber immer noch unter Schock. Er legte sich auf den Rücksitz. Hier war er sicher, bis er sich wieder beruhigt hatte.

Ein Hochgefühl breitete sich in ihm aus. Er konnte sein Glück gar nicht fassen. Eigentlich müsste er jetzt tot sein. Und trotzdem, da war er, so lebendig wie nie zuvor. Sogar noch lebendiger. Am liebsten hätte er gesungen. Leider kannte er keine Lieder.

Er lag eine Ewigkeit auf dem Rücken, es war eng, aber das machte nichts. Kuschelig bedeutete sicher. Er hätte sich im Kofferraum eingeschlossen, wenn der nicht nach Louis gestunken hätte. Er war sich nicht sicher, wie lange er so da lag, doch irgendwann wurde er ruckartig wach und war wieder voll da. Erkannte mit entsetzlicher Klarheit, dass es durchaus möglich war, dass Wallace jederzeit aus dem Haus gerannt kam und Rog an Ort und Stelle abknallte. Er war kein bisschen sicher. Er zog gerade diese Vogel-Strauß-Nummer ab, steckte den Kopf in den Sand und dachte, weil er niemanden sehen konnte, würde ihn auch niemand sehen.

Er sprang aus dem Auto, setzte sich nach vorn, ließ den Motor an und raste davon. Bog quietschend um die Ecke, geradeaus, segelte über eine Bodenschwelle, knallte mit einem markerschütternden Krach wieder auf, und dann bremste er auf Kriechtempo ab. Er war immer noch nicht fahrtüchtig. Er fuhr links ran.

BOOK: Hard Man
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