Read Sebastian Online

Authors: Anne Bishop

Tags: #Fiction, #Fantasy, #General

Sebastian (21 page)

BOOK: Sebastian
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Sie hatte schon mit ein paar Jungen von den Brückenbauern ausprobiert, wie es war, Sex zu haben, aber es hatte ihr nicht besonders gefallen. Aber mit
ihm
… war es überwältigend schön. Als würde sie in Empfindungen ertrinken. Es war, als würde sie verzehrt, während sie wieder und wieder zum Höhepunkt kam. Es war schon so weit, dass sie nervös wurde, wenn ein ganzer Tag ohne Sex verstrich. Ihr wurde dann ganz heiß, so als säße ihre Haut zu eng und sie müsse sie abwerfen, um atmen zu können.
Sie würde die ganze Zeit mit ihm schlafen, jeden Tag, bis es sie umbrachte. So gut war es.
Sie lachte über ihre eigene Melodramatik während sie sich mit den Händen über die Arme rieb, um die nervöse Unruhe loszuwerden.
Wo blieb er?
Und es war nicht nur der Sex, so wunderbar er auch war. Er zeigte ihr Dinge, die die Lehrer ihr
nie
beigebracht hätten. Und er hatte sie mit der Aufgabe betraut, die dunkelste, gefährlichste Landschaft Ephemeras zu bewachen.
Nigelle runzelte die Stirn. Warum hatte er sie auserwählt? Wenn diese Orte so gefährlich waren, dass man sie bewachen musste, damit niemand zufällig in sie hineinstolperte, warum hatte er dann nicht eine der stärkeren Landschafferinnen um Hilfe gebeten? Warum …?
Sie betrachtete den Garten vor dem kleinen Fleckchen Gras, auf dem sie stand. Direkt vor ihr verlief ein Pfad, der an der hinteren Mauer endete und zwei der geheimen Landschaften voneinander trennte. Zu ihrer Linken breitete sich, verborgen von zwei Sträuchern und einem Beet mit Sommerblumen, ein Stück rostfarbener Sand fächerförmig in der Ecke aus. Zu ihrer Rechten lag, ebenfalls fächerförmig in einer Ecke, ein kleiner Teich, der mit trübem Wasser gefüllt war. Nicht tief. Obwohl er sie davor gewarnt hatte, dem Wasser zu nahe zu kommen, hatte sie eines Tages einen Stock als Messstab benutzt und wusste deshalb, dass ihr das Wasser kaum bis zu den Knien reichte.
Sie hatte noch nie gesehen, wie jemand in einem Garten einen Ort erschaffen hatte, der Wasser enthalten konnte, ohne es auf allen Seiten einzuschließen, um ein kleines Becken zu bauen.
Kann Belladonna so etwas?
Sie verdrängte den Gedanken. Sie dachte nicht mehr gern an Belladonna. Und neulich, als er sie nach den versiegelten Gärten gefragt hatte, hatte sie ihm von Belladonna, der ausgestoßenen Landschafferin erzählt, die der Magie der Zauberer entkommen war. Aber als sie gesagt hatte, dass sie eine Landschafferin wie Belladonna werden wollte, hatte er sie seltsam angeschaut und gemurmelt: »Vielleicht bist du doch nicht, wofür ich dich hielt.«
Kurz darauf war er gegangen, und seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen.
Langsam drehte sie sich im Kreis und suchte mit den Augen jeden Winkel ihres Gartens ab. Heute musste er kommen. Er
musste.
Und dann war er da, erschien auf einmal vor ihr auf dem Weg, ein gut aussehender Mann mittleren Alters, der ein kleines Bündel in der Hand hielt und nichts trug außer einem Lächeln.
Er zog sie aufs Gras hinunter und zerrte dabei bereits an ihren Kleidern.
»Lass mich dich nehmen«, sagte er, seine dunklen Augen glänzten fiebrig vor Erregung. »Lass mich dich ganz ausfüllen.«
Sie versuchte zu protestieren. Das war grob. Ganz und gar nicht seine Art. So wollte sie es nicht, wollte nicht …
»Ja«, sagte er, als er sich auf sie rollte und in sie eindrang. »Ja, Angst ist gut. Köstlich. Berauschend.«
Dann küsste er sie. Sie schloss die Augen, während eine Welle der Begierde sie ergriff und sie erfüllte, bis sie an nichts anderes mehr denken konnte, als ihn in sich zu spüren, damit das Gefühl nicht aufhörte.
Aber etwas fühlte sich nicht ganz … richtig an. Es war, als wären ihre Brüste von einem Dutzend kleiner Mäuler umschlossen, die mit einem Dutzend kleiner Zungen ihre zarte Haut und ihre empfindlichen Brustwarzen wund rieben. Es tat weh. Und doch könnte sie es nicht ertragen, wenn er jetzt aufhörte.
Er fühlte sich auch in ihr nicht richtig an. Zu groß. Zu lang. Jeder Stoß tat ihr weh, aber trotzdem wuchs und wuchs ihre Lust bis …
Als sie zum Höhepunkt kam, verspürte sie einen stechenden Schmerz in der Schulter, als ob er sie gebissen hätte. Sekunden später wurden ihre Arme und Beine taub. Sie konnte sich nicht bewegen, hatte kaum mehr genug Kontrolle über ihre Finger, um sie ins Gras zu krallen.
Dann kam sie noch einmal - und kümmerte sich nicht länger darum.
Noch immer unerträglich erregt, öffnete sie die Augen. Wann hatte er diese seltsame Kapuze übergezogen, die an den Seiten abstand und ihm so tief in die Stirn hing, dass sie sein Gesicht in Schatten tauchte? Seine Augen leuchteten jedoch, und als er lächelte …
Mit seinem Mund stimmte etwas nicht. Was stimmte nicht mit seinem Mund?
Unwichtig. Nichts war wichtig außer ihm, weil er sich noch immer in ihr bewegte.
Als sie das dritte Mal zum Höhepunkt kam, spürte sie, wie er sich in ihr ergoss und sich entspannte. Sie schnappte nach Luft und versuchte, etwas zu sagen, ihn zu bitten, sich anders hinzulegen. Als er ein Stück zur Seite rutschte, brannte sein salziger Schweiß auf ihren wunden Brüsten.
Noch bevor sie richtig durchatmen konnte, presste er eine Hand fest auf ihren Mund. Mit der anderen Hand kramte er in dem Bündel, das er neben ihnen fallen gelassen hatte.
Er hob das lange dünne Messer hoch, damit sie es sehen konnte. Dann erhob er sich gerade genug, um ihr die Brust aufzuschlitzen, genau über ihrem Busen.
»Ja«, sagte er und schnitt ihren Arm von der Schulter bis zum Ellbogen auf, »Angst ist köstlich. Zusammen mit deinem Blut wird sie den Boden tränken. Weißt du, was dann geschehen wird?« Er lächelte sie an. »Dies hier ist ein Ankerpunkt, und deshalb wird deine Angst durch das Gras in den Weidegrund sickern, mit dem dieser Ort verbunden ist. Dann wird sie langsam von jedem Besitz ergreifen, der die Weide betritt, und während die Angst in ihnen Wurzeln schlägt, werden die Leute empfänglich für das Flüstern der Wächter der Dunkelheit. Dinge werden geschehen. Ganz unbedeutende zuerst. Aber jede Entscheidung, die aufgrund der dunklen Gefühle getroffen wird, bringt eine winzige Veränderung der Landschaft mit sich. Und die Angst wird wachsen wie Unkraut in einem Blumenbeet und fruchtbaren Boden bereiten für die Gefühle, die noch dunkler sind. Du bist das Samenkorn, das hilft, das Licht zu schwächen.«
Nein! Nein! Nein! Nein!
Er lachte sanft. »Ist das nicht der Grund, aus dem du die Mauer durchbrochen hast?« Als wäre es ihm nachträglich eingefallen, fügte er ihrem Arm einen weiteren
Schnitt zu. »Ich hatte mir überlegt, dich eine Weile zu behalten, aber obwohl du weitaus unbedeutender bist, als du glauben möchtest, gehörst du noch immer zu meinen Feinden.«
Als er das Messer hob, verstand Nigelle endlich, was sie da vor sich sah und was sie getan hatte, als sie ein Loch in die Mauer im verbotenen Garten gebohrt hatte, verstand endlich, wo die geheimnisvollen dunklen Landschaften, die in ihrem Garten verankert waren, ihren Ursprung hatten.
Und als das Messer wieder und wieder zustieß, erkannte sie noch etwas.
Er fürchtet Belladonna.
 
Nachdem Er das Mädchen bis zum letzten, angsterfüllten Herzschlag hatte ausbluten lassen, zog Er sie über das Gras und durch das Blumenbeet und ließ ihren toten Körper auf dem rostfarbenen Sand liegen. Die Knochenschäler würden ihre Leiche früh genug entdecken.
Der Brut der Dunklen war nicht zu trauen, aber sie könnten Ihm nützlich sein. Er war sehr erfreut gewesen, herauszufinden, dass die Landschafferinnen und Brückenbauer sich nicht mehr daran erinnerten, was sie wirklich waren - oder vor langer Zeit einmal gewesen waren. Aber sie stellten immer noch eine Bedrohung dar, und obwohl sie nicht über die Macht verfügten, die dem Wahren Feind innewohnte, so standen sie trotzdem Seinem Vorhaben in Weg, die Welt in ein grenzenloses Jagdgebiet zu verwandeln.
Also war jetzt die Zeit, zuzuschlagen, wenn sich so viele in den Gebäuden und nicht in den Gärten aufhielten. In den Gärten war das Risiko höher, dass sie entkamen, wie schnell Seine Kreaturen auch immer angriffen. Aber in den Gebäuden wären sie nicht mehr als leichte Beute. Wenn sie erkannten, dass der Weltenfresser unter ihnen war, wäre es bereits zu spät.
Er ging hinüber zu dem trüben Teich und veränderte Seine Gestalt, bis Er sie den Kreaturen in dieser Landschaft angepasst hatte.
Während Er sich schnell durch das Wasser bewegte, schauderte ihm bei dem Gedanken an diesen einen versiegelten Garten. Dann verdrängte er die Schlinge der Angst, die sich um seinen Hals zu legen drohte, bevor sie sich zusammenziehen konnte.
Wenn er mit diesem Ort fertig war, würde er aus dem versiegelten Garten eine Insel geschaffen haben, die niemand mehr erreichen konnte.
 
Unter dem Kreis aus sandfarbenen Pflastersteinen bewegte sich der Boden. Veränderte sich. Heißer, Blasen werfender Schlamm quoll hervor und drückte sich durch die Spalten zwischen den Steinen nach oben.
Ein Stein kippte. Sank. Ein anderer rutschte in den freigewordenen Raum und sank ebenfalls.
Noch einer. Und noch einer.
Als die Mitte des Kreises erreicht war, begann die Sonnenuhr, das verhasste Symbol des Tanzes von Dunkelheit und Licht, zu schwanken, fiel, zerbrach.
Und sank.
Kapitel Neun
Langsam wachte Lynnea auf. Der Duft sauberer Wäsche und kühler Luft weckte in ihr ein angenehmes Wohlgefühl.
Bis sie die Augen aufschlug und ihr alles wieder einfiel.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange oder wie weit sie gelaufen war, nachdem sie die Brücke überquert hatte, bis sie sich der ruhig brennenden Lichter bewusst geworden war, die auf eine bewohnte Gegend hingedeutet hatten.
Sie hatte bereits vorher Lichter gesehen, das schwankende Auf und Ab von Laternen, getragen von Leuten, die in der Dunkelheit unterwegs waren. Und sie hatte Musik gehört, einen fröhlichen Klang aus der Ferne. Beinahe währe sie den Lichtern und der Musik gefolgt, aber dann war sie von dem Gefühl ergriffen worden, dass der Boden unter ihren Füßen versuchte, sie festzuhalten, was jeden Schritt zu einem Willenskampf werden ließ - als ob etwas in der Luft um sie herum flüsterte:
Das ist nicht, was du willst. Das ist nicht, wonach du suchst.
Und dann …
Komm zu mir.
Sie erinnerte sich an die Stimme des Mannes und dachte:
Er braucht mich.
Sie wusste nicht, warum sie sich dessen so sicher war - niemand hatte sie je gebraucht -, aber es hatte ausgereicht, um sich von den Lichtern abzuwenden und weiterzugehen, bis sie eine kleine Anhöhe erklommen und unter sich den ruhigen Schein der Laternen gesehen hatte.
Der Rest ihrer Reise war nur eine verschwommene Erinnerung an den Kampf, etwas zu erreichen, das sich stets gerade außerhalb ihrer Reichweite hielt. Vielleicht wäre es einfacher gewesen, aufzugeben und sich von den Kräften mitreißen zu lassen, die versuchten sie fortzuziehen. Und vielleicht hätte sie auch aufgegeben, aber …
Er braucht mich!
Als sie aus der Gasse getreten war, in der
er
sie gefunden hatte, wurde die Welt auf einmal wieder klar.
Sie hatte noch nie einen Mann gesehen, der aussah wie aus einem Märchenbuch, aber
dieser
Mann tat es. Und die Sachen, die er trug. Sie hatte noch nie gesehen, dass eine Hose einem Mann
so
passte. Und dieses Hemd, das seine Augen so unfassbar grün leuchten ließ. Und eine
Lederjacke
. Mutter hätte ihn einen schlechten Einfluss genannt, allein schon wegen seines Aussehens.
Aber er war freundlich zu ihr gewesen.
Als er sie zuerst ansah, hatte er aus irgendeinem Grund verärgert gewirkt, zornig sogar. Sie hatte lange genug mit Vater und Ewan zusammengelebt, um schlechte Laune in den Augen eines Mannes erkennen zu können. Aber er hatte sie an einen Ort gebracht, an dem sie etwas zu essen bekam, und er hatte sein Zimmer aufgegeben, damit sie schlafen konnte.
»Sebastian«, flüsterte sie. Allein der Klang seines Namens wärmte sie und ließ ihr Herz höher schlagen. »Sebastian.«
Dann verschwand ihre gute Laune. Sie hatte nicht den Mann gefunden, der nach ihr gerufen hatte, als ihre Gedanken von Verzweiflung erfüllt gewesen waren und sie sich nach etwas Besserem gesehnt hatte. Sie hatte nicht den Mann gefunden, der sie brauchte. Ein Blick auf Sebastian reichte aus, um zu erkennen, dass er kein Mann war, der irgendetwas von jemandem wie ihr brauchen könnte.
Schlimmer noch, sie war im Sündenpfuhl. Ein abscheulicher,
schrecklicher Ort. Ein Ort, von dem anständige Frauen nicht einmal gehört, geschweige denn ihn gesehen haben sollten.
Aber das ergab keinen Sinn, schließlich kannten Mutter und ihre Freundinnen den Pfuhl ja auch. Sogar die jüngeren Frauen aus dem Dorf hatten schon von ihm gehört. Wahrscheinlich war er die bekannteste Landschaft Ephemeras. Aber seltsamerweise war er nicht leicht zu finden. Ein paar von Ewans Freunden hatten letztes Jahr versucht, in den Pfuhl zu gelangen. Sie hatten eine Brücke überquert und waren im heruntergekommenen Viertel einer großen Stadt herausgekommen, und einer von ihnen war verprügelt und ausgeraubt worden, aber den Pfuhl hatten sie nicht gefunden.
BOOK: Sebastian
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