Polar City Blues (36 page)

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Authors: Katharine Kerr

BOOK: Polar City Blues
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»Also können wir nichts tun, als zu warten«, sagte Bates, während die Verwirrung nun auf die beiden Techniker übergreift.

»Ein frustrierender Verlauf, aber jede andere Handlungsweise wäre nicht weniger unfruchtbar.

Übrigens, Bates, was hat Sie bewogen, die Medien derart umfassend zu informieren?«

»Hab' ich gar nicht. Nichts liegt mir ferner, mein Lieber. Diese Medienleute verstehen ihr Handwerk, kann man wohl sagen.« Er nimmt sich vor, daß er bei nächster Gelegenheit Buddys Plastikhaut einmal tüchtig gerben wird. »Hat Parsons die Einheiten richtig in der Stadt verteilt?«

»Ich habe mir erlaubt, dem Sergeanten zu assistieren. Ich denke, das ist in Ihrem Sinne. Der Einsatzplan wurde in Ihrem Computer gespeichert.« Akeli gestattet sich das erste menschlich wirkende Lächeln, das Bates je an ihm gesehen hat. »Das heißt, wenn Sie das verdammte Ding finden können.«

Das veranlaßt einen der beiden Techniker, die Kisten und Kästen von Bates' Schreibtisch zu räumen und auf einem freien Stuhl zu stapeln. Sobald Bates wieder seinen Bildschirm sehen kann, versucht der Computer hektisch mit ihm Kontakt aufzunehmen:
Gut, daß Sie da sind, Sir. Das heißt, gut, daß
ich wieder sehen kann. Meine Sensoren waren seit Stunden blockiert. Kann ich sprechen, oder ist dies,
wie ich vermute, eine heikle Situation? Wo ist Bobbie Lacey, ist sie in Sicherheit?

»He, mein Junge, nun beruhige dich. Tut mir leid wegen der Sensoren. Aber auf diesem Planeten ist die Hölle los, und ich konnte nicht früher zurückkommen. Und Lacey, nein, leider kann man nicht sagen, daß sie in Sicherheit ist, aber wenn jemand damit fertig werden kann, dann sie. Okay?«

Ich denke, daß Sie recht haben, aber seit dieses Gespräch über das Datennetz kam ich meine,
Entschuldigung - ich bin bereit für Input und Ihre Befehle, Sir. Sicher möchten Sie die Aufstellung der
Einheiten in der Stadt überprüfen. Ist schon auf dem Monitor, Sir.

Obwohl Bates sich fragt, was der Computer mit diesem Gespräch über irgendein komisches Datennetz meint, er hat jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Auf dem Bildschirm erscheinen die Abschnitte des Stadtplans von Polar City. So weit sich das rein geometrisch beurteilen läßt, sind die roten Punkte

- für die Leute der Staatspolizei - und die blauen seine eigenen Leute genau richtig verteilt; Akeli und Parsons haben die kritischen Punkte abgedeckt, so gut es mit den verfügbaren Beamten ging. Er möchte gerade etwas Lobendes äußern, als eines dieser Armee-Geräte zu piepsen und jaulen beginnt.

»Alarm. Unbefugte Person im Schwebeschacht. Alarm. Unbefugte Person im Korridor. Alarm.

Unbefugte Person an der Tür.«

Bates steht auf, die Betäubungspistole in der Hand, als die Tür sich öffnet und Ka Pral hereinrauscht.

Der Protokollchef in vollem Ornat, die grüne Robe mit goldenen Ehrenketten und Orden über und über geschmückt, daß es bei jeder Bewegung nur so klingelt und glitzert. So schnell er kann, steckt Bates die Pistole weg und erwidert die Verbeugung des Carlis.

»Bates, ich habe mich einer grotesken Unhöflichkeit schuldig gemacht. Ich habe meine diplomatische Immunität

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benutzt, um meine unwürdige Person durch Ihre hervorragenden Sicherheitskontrollen zu schleusen.«

»Ka Pral, ich habe die Ehre, jeden Gedanken an eine Unhöflichkeit zurückzuweisen. Ich bin glücklich, daß meine bescheidenen Sicherheitsvorkehrungen Sie nicht aufhalten konnten.«

»He«, murmelt der eine Techniker, »so übel auch wieder nicht.«

Der andere zischt ihn an, zu schweigen. Bates und Ka Pral kümmern sich nicht darum.

»Was verschafft mir die unschätzbare Ehre Eures Besuchs in unserem erbärmlichen Hauptquartier?«

»Aber nicht doch. Dies alles ist weitaus stattlicher und erfreulicher anzusehen, als ein Wicht wie ich mit eigenen Augen zu sehen verdient.« Ka Pral zögert; die dünnen blauen Lippen zucken, was bedeutet, daß er ein schwieriges Problem auf dem Herzen hat. »Ich bin überaus glücklich, daß Sie mir die Freude Ihrer Gegenwart länger als nur für einen Augenblick bereitet haben, den es braucht, um mich wegzuschicken.«

»Wie? Warum sollte ich mich um die Ehre eines Gesprächs mit einer so beeindruckenden Persönlichkeit wie Euch bringen?«

Bei diesen Worten läßt sich Ka Pral auf einen Stuhl fallen -und vergräbt beide Hände in dem flauschigen Fell seines Gesichts.

»Verzeihen Sie, Bates. Ich bin sehr müde. Das Zeremoniell ist zuviel für mich. Die Nachricht von dieser Seuche hat meine ganze Botschaft in gräßliche Panik versetzt. Ich komme nicht, um höfliche Formeln auszutauschen, sondern mit der Bitte, uns zu verzeihen.« Seine Ohren hängen traurig herunter. »Ich glaube nicht, daß die Lage diesen unentschuldbaren Verstoß gegen die üblichen Normen rechtfertigt, den einige Mitglieder unserer Regierung für angebracht halten.«

Es dauert einige Sekunden, bis Bates begreift, daß der Carli von dem Truppentransporter im Orbit spricht.

»Ach, ich selbst habe diese etwas übereilte Aktion schon bedauert, doch liegt es mir fern, Exzellenz dafür verantwortlich zu machen. Was kann ein einzelner gegen den Willen der Mehrheit tun?«

»Danke, Bates. Ich bin hocherfreut.« Eine Weile sitzt er da, die Hände vor das Gesicht gelegt. »Ich weiß, daß viele Spezies im erforschten Raum sich über unsere zeremonielle Art des Umgangs miteinander lustig machen, aber bald werden Sie sehen, warum wir dies für notwendig halten. Bates, irgendwo habe ich gelesen, daß die wichtigste Aufgabe einer Lizzie-Mutter darin bestehe, ihre Kinder zu lehren, den Dingen ins Auge sehen, die sie fürchten, und sich nicht vor ihnen zu verstecken. Und eine Menschenmutter habe die Aufgabe, ihren Kindern zu lehren, wie man teilt, anstatt nur zu nehmen und den Besitz zu vermehren. Wissen Sie, was die wesentliche Aufgabe einer Mutter bei unseren Spezies ist?«

»Ich weiß es nicht.«

»Den Kindern beizubringen, zu denken anstatt zuzubeißen. Wir schnappen instinktiv zu und denken danach. Es muß an unserer Natur als fleischfressende Wesen liegen, denke ich.« Mit einem Seufzer steht er auf und streicht seine Robe glatt. »Aus eigener Initiative kann ich nichts tun. Ich kann nur einen gewissen Druck auf den derzeitigen Vorsitzenden unseres Staatsrats ausüben. Er ist mein Schwiegersohn.«

»Euer Exzellenz! Nie würde ich wünschen wollen, daß Sie persönliche Bindungen unserer unwürdigen Belange wegen belasten!«

»Tatsächlich? Ich bin hocherfreut über Ihr Einfühlungsvermögen, aber haben Sie eine bessere Idee?«

»Zufällig habe ich das. Diese Seuche, wissen Sie, hat schwere Verunstaltungen zur Folge.«

»Ich fürchte, das weiß ich nur zu gut, leider.«

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»Aber wissen es auch die Soldaten in dem Landungsboot?«

Ka Prals Ohren richten sich blitzartig zur vollen Länge auf; sein ganzes Erscheinugnsbild ist plötzlich wie verwandelt. Er wirkt erleichtert.

»Aber, Bates! Was für eine faszinierende Frage! Wissen Sie, ich sollte dem einmal nachgehen. Meine Domäne ist das Protokoll - und ist es nicht eine Frage der Höflichkeit, dem Kapitän und den Offizieren des Schiffs alle Informationen zu verschaffen, die für den Erfolg ihrer Mission wichtig sind? Erlauben Sie meiner Wenigkeit, sich zu entfernen. Wir sprechen uns später.«

Ka Pral rauscht davon. Bates grinst. Mit einem höflichen Huster kommt Akeli näher.

»Ich muß zugeben, daß ich mit einer gewissen Bewunderung und großem Erstaunen Ihren Einfluß auf diesen Diplomaten der Konföderation beobachtet habe.«

»Wissen Sie was? Ich bin selber überrascht.«

»Sehr gut, Einheit Mulligan«, sagt Buddy. »Ich habe eine Satellitenverbindung hergestellt, über die wir die Position der
Montana
feststellen können. Bitte warte ... bitte warte ... ja, da ist sie, auf einer parabolischen Bahn um die Sonne. Besser gesagt, eine Kometenbahn.«

»Mensch, prima, Kilowattlutscher - aber was heißt das?«

»Es heißt, daß sie die Bahn des Kometen kreuzen werden, der die Überreste des fremden Schiffs enthält. Was hast du nur in der Schule gemacht?«

»Baseball gespielt, natürlich. Und außerdem war ich in Werken ziemlich gut, weißt du. Lasergravieren und solche Sachen.«

»Eine hervorragende Vorbereitung auf das Leben, zweifellos.« Buddy summt eine Weile. »Soweit der Computer des Satelliten es beurteilen kann, brauchen die Programmiererin und ihre Begleitung noch vierundachtzig Minuten, bis

sie den Kometen erreichen. Das Hüpfer-Schiff ist jetzt sechzehn Minuten entfernt, und es holt auf.«

Mit einem Stöhnen setzt sich Mulligan auf das Sofa und versucht, die Tränen zurückzuhalten.

»Es gibt in Kanal Acht die Aufzeichnung eines Baseballspiels, Einheit Mulligan.«

»Danke, lieber nicht. Ich kann mich jetzt nicht konzentrieren, verstehst du?«

»Es geht nur darum, dich abzulenken, weniger um die Aufnahme von Daten, was immer ein Ballspiel an Information zu bieten hat.«

»Oh. Trotzdem vielen Dank. Aber ich sehe dir lieber bei der Arbeit zu.«

Buddy verfolgt den Kurs der
Montana
und bringt jetzt eine graphische Darstellung auf dem Bildschirm. Aber Mulligan kann es sich einfach nicht ansehen. Da bewegen sich farbige Lichtpunkte, und einer davon konnte irgendwann den Tod von Lacey bedeuten. Er lehnt sich zurück, legt einen Arm über die Augen und versucht sich einzureden, daß das alles nur ein Alptraum ist. Dann spürt er, wie sein linkes Handgelenk juckt; mechanisch kratzt er sich, da löst sich die Haut mitsamt den hellen Haaren unter seinen Fingernägeln.

»Ach, zum Teufel!«

»Was ist jetzt, Einheit Mulligan? Du lenkst mich ab.«

»Ja? Rutsch mir den Buckel runter. Es ist dieser Bakterienmist. Der Killer hat mich angefaßt, dann die Insektenfrau, als sie mir die Fesseln abgenommen hat.«

»Ich kann deiner Logik nicht ganz folgen. Aber soll ich dir Dr. Carol rufen?«

»Nein. Die Lady hat mir gesagt, was ich machen muß. Ich hab' das Zeug nur ganz vergessen.«

»Es gibt Zeiten, Einheit Mulligan, da zeigst du einen ausgeprägten Mangeln an Überlebenswillen.

Vielleicht brauchst du eine Vitaminspritze?«

»Vielleicht brauchst du einen Spritzer Sodawasser auf deine Chips, Mensch.«

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Buddy quiekt, Farbblitze huschen über den Monitor. Mulligan steht gelassen auf und geht aus dem Büro. Er will allein sein. Doch im Flur trifft er Maria.

»Brauchst du etwas?«

»Nein.« Sie blickt beiseite, ihre Unterlippe zittert. »Ich habe mir nur Sorgen gemacht wegen Nunks und Lacey. Sie haben viel für mich getan.«

»Ja, für mich auch.« Jetzt wird ihm klar, daß hier jemand ist, der seine Hilfe braucht. Er kann sich nicht erinnern, wann er zuletzt etwas für einen anderen Menschen getan hat; eigentlich war es immer nur umgekehrt. »Äh, sag mal, soll ich dir was Neues beibringen? Ich meine, damit wir auf andere Gedanken kommen.«

»Was heißt
neu?«
Sie starrt ihn an, und er spürt ihr Mißtrauen wie eine Welle, die gegen ihn anbrandet. »Laß bloß deine Finger von mir, panchito!«

»Wo denkst du hin! Ich rede von Psi. Willst du nicht lernen, wie man die Leute von diesen verdammten Bakterien befreit? Ich wette, daß Dr. Carol jede mögliche Hilfe brauchen wird, wenn es Zeit wird für ihre >Wunderkur<. Ich meine, wenn die Carlis erst mal weg sind.«

»O ja, ich verstehe. Glaubst du wirklich, daß ich das könnte?«

»Sicher. Nunks ist von deinem Talent überzeugt. Es wird wahrscheinlich Zeit, daß du an dieses lausige Institut gehst, aber vielleicht kannst du ihnen auch entwischen.«

»Mulligan, ist es wirklich so schlimm?« Sie beginnt zu schluchzen. »Ich will da nicht hin, Mann. Ich wollte dieses blöde Talent nicht haben. Und ich will nicht markiert werden! Tut es weh?«

Mulligan hatte sich daran gewöhnt, in Maria immer nur das Sexhäschen zu sehen, daß er darüber ganz vergaß, daß sie mit ihren sechzehn Jahren eigentlich noch ein Kind war. Und nun sieht sie tatsächlich wie ein Kind aus, mit dem verschmierten Make-up, dem zitternden Mund, während ihre 314

schwitzenden Hände den Saum ihres langen T-Shirts zu einem feuchten Klumpen kneten.

»Nein, es tut nicht weh. Es ist ja kein Brandzeichen, nur eine Tätowierung. Aber ich weiß, wie du dich jetzt fühlst. Himmel, alles, was ich wollte, war Ball spielen. Aber hör mal, was so alles passiert ist in den letzten Tagen, das hat mich nachdenklich gemacht. Ich meine, das mit der Insektenfrau und diesem verrückten Mörder. Zuerst dachte ich, daß ich wegen dieser Psi-Geschichte zu nichts mehr tauge -aber eigentlich fängt damit doch ein neues Leben an, oder? Verstehst du?«

»Nein, Mulligan. Was redest du nur für ein Zeug.«

»Ach, der Teufel soll dich holen!« Dann kommt ihm eine Idee.

Hör zu! Kannst du mich hören?

Maria kreischt auf und hält beide Hände vor den Mund. Freude.
Du hörst mich sehr gut. Hörst du?

Gib Antwort!

Eine lange Pause, dann streckt sie ihm die Zunge heraus.

Ich höre. Mache ich es richtig?

Richtig. Genau wie ich dachte.
Selbstzufriedenheit.
Komm mit in den Garten. Wir sitzen in der
frischen Luft. Lernen.

Ich will nicht.

Schade.

Ich hasse dich.

Du haßt nicht mich. Du haßt es, anders zu sein.

Wieder streckt sie die Zunge heraus; dann geht sie mit einem Seufzer davon.

»Ja, wahrscheinlich hast du recht. Für einen verrückten Typ weißt du eine ganze Menge, ehrlich.«

»Ich bin nicht verrückt, wenn es darauf ankommt.« Er ist verblüfft. Er hat etwas Wahres gesagt, das er seit Jahren nicht hat wahrhaben wollen. »Ich meine, ich wollte diesen Psi-Kram nicht haben; aber man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Und weißt du was, manchmal ist es ganz praktisch.«

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»Wie lange noch, bis die
Montana
das fremde Schiff erreicht?«

»Zweiundfünfzig Minuten, Chief.« Die Operatorin läßt den Bildschirm nicht aus den Augen. »Aber dieses verdammte Hüpfer-Schiff ist nur vierzehn Minuten hinter ihnen.«

Obwohl sie einige Jahre bei der Armee war, lassen sie die Flüche aus seiner Militärzeit zusammenzucken.

»Oh, Sir?« Sie zögert, bevor sie wagt weiterzusprechen. »Die Überwachungssatelliten haben etwas Merkwürdiges geortet, es sieht aber nicht wie ein Schiff aus.«

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