Duino Elegies (8 page)

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Authors: Rainer Maria Rilke

BOOK: Duino Elegies
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dient als ein Ding, oder stirbt in ein Ding—, und jenseits

selig der Geige entgeht.—Und diese, von Hingang

lebenden Dinge verstehn, daß du sie rühmst; vergänglich,

traun sie ein Rettendes uns, den Vergänglichsten, zu.

Wollen, wir sollen sie ganz im unsichtbarn Herzen verwandeln

in—o unendlich—in uns! Wer wir am Ende auch seien.

Erde, ist es nicht dies, was du willst:
unsichtbar

in uns erstehn?—Ist es dein Traum nicht,

einmal unsichtbar zu sein?—Erde! unsichtbar!

Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein drängender Auftrag?

Erde, du liebe, ich will. Oh glaub, es bedürfte

nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir zu gewinnen—,
einer,

ach, ein einziger ist schon dem Blute zu viel.

Namenlos bin ich zu dir entschlossen, von weit her.

Immer warst du im Recht, und dein heiliger Einfall

ist der vertrauliche Tod.

Siehe, ich lebe. Woraus? Weder Kindheit noch Zukunft

werden weniger . . . . . Überzähliges Dasein

entspringt mir im Herzen.

THE NINTH ELEGY

Why, when this span of life might be passed

as a laurel, slightly darker than everything else

green, with tiny waves on the edges

of each leaf (like the wind's smile)—: why then

have
to be human—and, fleeing destiny,

long for destiny?…

                                              Oh,
not
for some dream of happiness,

that premature profit of an imminent loss.

Not out of curiosity, not to give practice to the heart,

which would also pulse with laurel . . . . .

But because
life
here compels us, and because everything here

seems to need us, all this fleetingness

that strangely entreats us. Us, the
most
fleeting …

Once
for each thing, only once. Once and no more. And we, too,

only once. Never again. But to have been

once, even though only once:

this having been
earthly
seems lasting, beyond repeal.

And so we press on and try to achieve it,

try to contain it in our simple hands,

in our brimming eyes, our voiceless heart.

Try to
become
it. Try to give it—to whom? Best of all,

to hold on to it all forever … Ah, but what can one carry across

into that other relation? Not the art of seeing,

learned so slowly here, and no event that transpired here. Not one.

The pain, then. Above all, the hard labor of living,

the long experience of love, —all the purely

unsayable things. But later on,

among the stars, what then: there the unsayable
reigns.

The traveler doesn't bring from the mountain slope

into the valley some handful of sod, around which all stand mute,

but a word he's gained, a pure word, the yellow and blue

gentian. What if we're here just for saying:
house,

bridge, fountain, gate, jug, fruit tree, window,
—

at most:
column, tower
 … but for
saying,
understand,

oh for such saying as the things themselves

never hoped so intensely to be. Isn't this the sly purpose

of the taciturn earth, when it urges lovers on:

that in their passion each single thing should find ecstasy?

O Threshold: what must it mean for two lovers

to have their own older threshold and be wearing down so lightly

the ancient sill—, they too, after the many before,

before the many to come . . . . .

Here
is the time for the sayable,
here
is its home.

Speak and attest. More than ever

the things we can live with are falling away,

and ousting them, filling their place: a will with no image.

Will beneath crusts which readily crack

whenever the act inside swells and seeks new borders.

Between the hammers our heart

lives on, as the tongue,

even between the teeth, remains

unceasing in praise.

Praise the world to the Angel, not what's unsayable.

You can't impress him with lofty emotions; in the cosmos

that shapes
his
feelings, you're a mere novice. Therefore show him

some simple object, formed from generation to generation

until it's truly our own, dwelling near our hands and in our eyes.

Tell him of
things.
He'll stand more amazed; as you stood

beside the ropemaker in Rome or by the potter along the Nile.

Show him how happy a thing can be, how innocent and ours,

how even sorrow's lament resolves upon form,

serves as a thing or dies into a thing—, and in that blissful beyond

is unmoved even by the violin. —And these things

that keep alive on departure know that you praise them; transient,

they look to us, the
most
transient, to be their rescue.

They want us to change them completely, in our invisible hearts,

into—O endlessly—
us!
Whoever, finally, we may be.

Earth, isn't that what you want: to arise

in us
invisibly?
Isn't it your dream

to be invisible someday? Earth! Invisible!

What, if not transformation, is your urgent charge?

Earth, my darling, I will! Believe me, you need

no more of your springtimes to win me—,
one,

just a single one, is already too much for my blood.

Nameless now, I am betrothed to you forever.

You've always been right, and your most sacred tenet

is Death the intimate Friend.

Look, I am living. On what? Neither childhood nor future

lessens . . . . . Superabundant existence

wells in my heart.

DIE ZEHNTE ELEGIE

Daß ich dereinst, an dem Ausgang der grimmigen Einsicht,

Jubel und Ruhm aufsinge zustimmenden Engeln.

Daß von den klar geschlagenen Hämmern des Herzens

keiner versage an weichen, zweifelnden oder

reißenden Saiten. Daß mich mein strömendes Antlitz

glänzender mache; daß das unscheinbare Weinen

blühe. O wie werdet ihr dann, Nächte, mir lieb sein,

gehärmte. Daß ich euch knieender nicht, untröstliche Schwestern,

hinnahm, nicht in euer gelöstes

Haar mich gelöster ergab. Wir, Vergeuder der Schmerzen.

Wie wir sie absehn voraus, in die traurige Dauer,

ob sie nicht enden vielleicht. Sie aber sind ja

unser winterwähriges Laub, unser dunkeles Sinngrün,

eine
der Zeiten des heimlichen Jahres—, nicht nur

Zeit—, sind Stelle, Siedelung, Lager, Boden, Wohnort.

Freilich, wehe, wie fremd sind die Gassen der Leid-Stadt,

wo in der falschen, aus Übertönung gemachten

Stille, stark, aus der Gußform des Leeren der Ausguß

prahlt: der vergoldete Lärm, das platzende Denkmal.

O, wie spurlos zerträte ein Engel ihnen den Trostmarkt,

den die Kirche begrenzt, ihre fertig gekaufte:

reinlich und zu und enttäuscht wie ein Postamt am Sonntag.

Draußen aber kräuseln sich immer die Ränder von Jahrmarkt.

Schaukeln der Freiheit! Taucher und Gaukler des Eifers!

Und des behübschten Glücks figürliche Schießstatt,

wo es zappelt von Ziel und sich blechern benimmt,

wenn ein Geschickterer trifft. Von Beifall zu Zufall

taumelt er weiter; denn Buden jeglicher Neugier

werben, trommeln und plärrn. Für Erwachsene aber

ist noch besonders zu sehn, wie das Geld sich vermehrt, anatomisch,

nicht zur Belustigung nur: der Geschlechtsteil des Gelds,

alles, das Ganze, der Vorgang—, das unterrichtet und macht

fruchtbar . . . . . . . . .

.… Oh aber gleich darüber hinaus,

hinter der letzten Planke, beklebt mit Plakaten des ›Todlos‹,

jenes bitteren Biers, das den Trinkenden süß scheint,

wenn sie immer dazu frische Zerstreuungen kaun…,

gleich im Rücken der Planke, gleich dahinter, ists
wirklich.

Kinder spielen, und Liebende halten einander,—abseits,

ernst, im ärmlichen Gras, und Hunde haben Natur.

Weiter noch zieht es den Jüngling; vielleicht, daß er eine junge

Klage liebt . . . . . Hinter ihr her kommt er in Wiesen. Sie sagt:

—Weit. Wir wohnen dort draußen.…

                                                                Wo? Und der Jüngling

folgt. Ihn rührt ihre Haltung. Die Schulter, der Hals—, vielleicht

ist sie von herrlicher Herkunft. Aber er läßt sie, kehrt um,

wendet sich, winkt … Was soils? Sie ist eine Klage.

Nur die jungen Toten, im ersten Zustand

zeitlosen Gleichmuts, dem der Entwöhnung,

folgen ihr liebend. Mädchen

wartet sie ab und befreundet sie. Zeigt ihnen leise,

was sie an sich hat. Perlen des Leids und die feinen

Schleier der Duldung.—Mit Jünglingen geht sie

schweigend.

Aber dort, wo sie wohnen, im Tal, der Älteren eine, der Klagen,

nimmt sich des Jünglinges an, wenn er fragt:—Wir waren,

sagt sie, ein Großes Geschlecht, einmal, wir Klagen. Die Väter

trieben den Bergbau dort in dem großen Gebirg; bei Menschen

findest du manchmal ein Stück geschliffenes Ur-Leid

oder, aus altem Vulkan, schlackig versteinerten Zorn.

Ja, das stammte von dort. Einst waren wir reich.—

Und sie leitet ihn leicht durch die weite Landschaft der Klagen,

zeigt ihm die Säulen der Tempel oder die Trümmer

jener Burgen, von wo Klage-Fürsten das Land

einstens weise beherrscht. Zeigt ihm die hohen

Tränenbäume und Felder blühender Wehmut,

(Lebendige kennen sie nur als sanftes Blattwerk);

zeigt ihm die Tiere der Trauer, weidend,—und manchmal

schreckt ein Vogel und zieht, flach ihnen fliegend durchs Aufschaun,

weithin das schriftliche Bild seines vereinsamten Schreis.—

Abends führt sie ihn hin zu den Gräbern der Alten

aus dem Klage-Geschlecht, den Sibyllen und Warn-Herrn.

Naht aber Nacht, so wandeln sie leiser, und bald

mondets empor, das über Alles

wachende Grab-Mal. Brüderlich jenem am Nil,

der erhabene Sphinx—: der verschwiegenen Kammer

Antlitz.

Und sie staunen dem krönlichen Haupt, das für immer,

schweigend, der Menschen Gesicht

auf die Waage der Sterne gelegt.

Nicht erfaßt es sein Blick, im Frühtod

schwindelnd. Aber ihr Schaun,

hinter dem Pschent-Rand hervor, scheucht es die Eule. Und sie,

streifend im langsamen Abstrich die Wange entlang,

jene der reifesten Rundung,

zeichnet weich in das neue

Totengehör, über ein doppelt

aufgeschlagenes Blatt, den unbeschreiblichen Umriß.

Und höher, die Sterne. Neue. Die Sterne des Leidlands.

Langsam nennt sie die Klage:—Hier,

siehe: den
Reiter,
den
Stab,
und das vollere Sternbild

nennen sie:
Fruchtkranz.
Dann, weiter, dem Pol zu:

Wiege; Weg; Das Brennende Buch; Puppe; Fenster.

Aber im südlichen Himmel, rein wie im Innern

einer gesegneten Hand, das klar erglänzende ›
M
‹,

das die Mütter bedeutet . . . . . . —

Doch der Tote muß fort, und schweigend bringt ihn die ältere

Klage bis an die Talschlucht,

wo es schimmert im Mondschein:

die Quelle der Freude. In Ehrfurcht

nennt sie sie, sagt:—Bei den Menschen

ist sie ein tragender Strom.—

Stehn am Fuß des Gebirgs,

Und da umarmt sie ihn, weinend.

Einsam steigt er dahin, in die Berge des Ur-Leids.

Und nicht einmal sein Schritt klingt aus dem tonlosen Los.

 

 

Aber erweckten sie uns, die unendlich Toten, ein Gleichnis,

siehe, sie zeigten vielleicht auf die Kätzchen der leeren

Hasel, die hängenden, oder

meinten den Regen, der fällt auf dunkles Erdreich im Frühjahr.—

Und wir, die an
steigendes
Glück

denken, empfänden die Rührung,

die uns beinah bestürzt,

wenn ein Glückliches
fällt.

THE TENTH ELEGY

Someday, at the end of the nightmare of knowing,

may I emerge singing praise and jubilation to assenting angels.

May I strike my heart's keys clearly, and may none fail

because of slack, uncertain, or fraying strings.

May the tears that stream down my face

make me more radiant: may my hidden weeping

bloom. How I will cherish you then, you grief-torn nights!

Had I only received you, inconsolable sisters,

on more abject knees, only buried myself with more abandon

in your loosened hair. How we waste our afflictions!

We study them, stare out beyond them into bleak continuance,

hoping to glimpse some end. Whereas they're really

our wintering foliage, our dark greens of meaning,
one

of the seasons of the clandestine year—; not only

a season—: they're site, settlement, shelter, soil, abode.

Ah, but the City of Pain: how strange its streets are:

the false silence of sound drowning sound,

and there—proud, brazen, effluence from the mold of emptiness—

the gilded hubbub, the bursting monument.

How an Angel would stamp out their market of solaces,

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