Duino Elegies (6 page)

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Authors: Rainer Maria Rilke

BOOK: Duino Elegies
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singt ihn hinein in den Sturm seiner aufrauschenden Welt.

Hör ich doch keinen wie
ihn.
Auf einmal durchgeht mich

mit der strömenden Luft sein verdunkelter Ton.

Dann, wie verbärg ich mich gern vor der Sehnsucht: O wär ich,

wär ich ein Knabe und dürft es noch werden und säße

in die künftigen Arme gestützt und läse von Simson,

wie seine Mutter erst nichts und dann alles gebar.

War er nicht Held schon in dir, o Mutter, begann nicht

dort schon, in dir, seine herrische Auswahl?

Tausende brauten im Schooß und wollten
er
sein,

aber sieh: er ergriff und ließ aus—, wählte und konnte.

Und wenn er Säulen zerstieß, so wars, da er ausbrach

aus der Welt deines Leibs in die engere Welt, wo er weiter

wählte und konnte. O Mütter der Helden, o Ursprung

reißender Ströme! Ihr Schluchten, in die sich

hoch von dem Herzrand, klagend,

schon die Mädchen gestürzt, künftig die Opfer dem Sohn.

Denn hinstürmte der Held durch Aufenthalte der Liebe,

jeder hob ihn hinaus, jeder ihn meinende Herzschlag,

abgewendet schon, stand er am Ende der Lächeln,

                                                                                —anders.

THE SIXTH ELEGY

O fig tree, how long I've pondered you—

the way you almost skip flowering completely

and release, unheralded, your pure secret

into the sprigs of fruit already poised to ripen.

Like a fountain's pipe, your bent boughs drive the sap

downward and up: and it leaps from sleep, almost

without waking, into the joy of its sweetest achievement.

Look: like the god into the swan.

                                                       . . . . . . But we, for our part, linger,

ah, flowering flatters us; the belated inner place

that is our culminating fruit we enter spent, betrayed.

Only a few feel the sap of action rise so strongly

that they're stationed and glowing in their heart's fullness

by the time the allure of flowering touches their eyelids,

touches their lips' youthfulness, like soft nocturnal air—

heroes perhaps, and those destined to leave early,

whose veins gardener Death twists in a different fashion.

These plunge on, in advance of their own smiles,

the way those teams of chargers precede the conquering

kings in the gentle bas-reliefs at
Karnak
.

Oddly, the hero resembles the youthful dead. Permanence

does not concern him.
Ascent
is his existence; time and again

he annuls himself and enters the changed constellation

of his unchanging danger. Few would find him there. But Fate,

which wraps us in mute obscurity, grows ecstatic

and sings him into the storms of his tumultuous world.

I hear no one like
him.
But suddenly I'm pierced

by his darkened music, borne swiftly by the rush of air.

Then how gladly I would hide from that longing! If only,

oh if only I were a boy with the unknown yet before me

as I sat propped on my future's arms, reading about Samson,

how his mother bore nothing at first, then—everything.

Was he not always the hero, O mother, even in you?

Did it not already begin there in you, his imperious choosing?

Thousands teemed in the womb, wanting to be
him,

but look: he seized and excluded—, chose and made good.

If he crushed columns, it was when he burst

from the world of your body into the narrower world,

where he continued to choose and make good. O mothers of heroes,

O source of torrential rivers! You ravines into which,

high on the heart's rim, lamenting virgins

have cast themselves, lives-to-be sacrificed to the son.

For even as the hero stormed through love's arbors,

each heartbeat meant for him bore him upward and on: until

turned away already, he stood at the end of the smiles,

                                                                              —someone new.

DIE SIEBENTE ELEGIE

Werbung nicht mehr, nicht Werbung, entwachsene Stimme,

sei deines Schreies Natur; zwar schrieest du rein wie der Vogel,

wenn ihn die Jahreszeit aufhebt, die steigende, beinah vergessend,

daß er ein kümmerndes Tier und nicht nur ein einzelnes Herz sei,

das sie ins Heitere wirft, in die innigen Himmel. Wie er, so

würbest du wohl, nicht minder—, daß, noch unsichtbar,

dich die Freundin erführ, die stille, in der eine Antwort

langsam erwacht und über dem Hören sich anwärmt,—

deinem erkühnten Gefühl die erglühte Gefühlin.

O und der Frühling begriffe—, da ist keine Stelle,

die nicht trüge den Ton der Verkündigung. Erst jenen kleinen

fragenden Auflaut, den, mit steigernder Stille,

weithin umschweigt ein reiner bejahender Tag.

Dann die Stufen hinan, Ruf-Stufen hinan, zum geträumten

Tempel der Zukunft—; dann den Triller, Fontäne,

die zu dem drängenden Strahl schon das Fallen zuvornimmt

im versprechlichen Spiel.… Und vor sich, den Sommer.

Nicht nur die Morgen alle des Sommers—, nicht nur

wie sie sich wandeln in Tag und strahlen vor Anfang.

Nicht nur die Tage, die zart sind um Blumen, und oben,

um die gestalteten Bäume, stark und gewaltig.

Nicht nur die Andacht dieser entfalteten Kräfte,

nicht nur die Wege, nicht nur die Wiesen im Abend,

nicht nur, nach spätem Gewitter, das atmende Klarsein,

nicht nur der nahende Schlaf und ein Ahnen, abends …

sondern die Nächte! Sondern die hohen, des Sommers,

Nächte, sondern die Sterne, die Sterne der Erde.

O einst tot sein und sie wissen unendlich,

alle die Sterne: denn wie, wie, wie sie vergessen!

Siehe, da rief ich die Liebende. Aber nicht
sie
nur

käme … Es kämen aus schwächlichen Gräbern

Mädchen und ständen … Denn, wie beschränk ich,

wie, den gerufenen Ruf? Die Versunkenen suchen

immer noch Erde.—Ihr Kinder, ein hiesig

einmal ergriffenes Ding gälte für viele.

Glaubt nicht, Schicksal sei mehr, als das Dichte der Kindheit;

wie überholtet ihr oft den Geliebten, atmend,

atmend nach seligem Lauf, auf nichts zu, ins Freie.

Hiersein ist herrlich. Ihr wußtet es, Mädchen,
ihr
auch,

die ihr scheinbar entbehrtet, versankt—, ihr, in den ärgsten

Gassen der Städte, Schwärende, oder dem Abfall

Offene. Denn eine Stunde war jeder, vielleicht nicht

ganz eine Stunde, ein mit den Maßen der Zeit kaum

Meßliches zwischen zwei Weilen—, da sie ein Dasein

hatte. Alles. Die Adern voll Dasein.

Nur, wir vergessen so leicht, was der lachende Nachbar

uns nicht bestätigt oder beneidet. Sichtbar

wollen wirs heben, wo doch das sichtbarste Glück uns

erst zu erkennen sich giebt, wenn wir es innen verwandeln.

Nirgends, Geliebte, wird Welt sein, als innen. Unser

Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer

schwindet das Außen. Wo einmal ein dauerndes Haus war,

schlägt sich erdachtes Gebild vor, quer, zu Erdenklichem

völlig gehörig, als ständ es noch ganz im Gehirne.

Weite Speicher der Kraft schafft sich der Zeitgeist, gestaltlos

wie der spannende Drang, den er aus allem gewinnt.

Tempel kennt er nicht mehr. Diese, des Herzens, Verschwendung

sparen wir heimlicher ein. Ja, wo noch eins übersteht,

ein einst gebetetes Ding, ein gedientes, geknietes—,

hält es sich, so wie es ist, schon ins Unsichtbare hin.

Viele gewahrens nicht mehr, doch ohne den Vorteil,

daß sie's nun
innerlich
baun, mit Pfeilern und Statuen, größer!

Jede dumpfe Umkehr der Welt hat solche Enterbte,

denen das Frühere nicht und noch nicht das Nächste gehört.

Denn auch das Nächste ist weit für die Menschen.
Uns
soll

dies nicht verwirren; es stärke in uns die Bewahrung

der noch erkannten Gestalt.—Dies
stand
einmal unter Menschen,

mitten im Schicksal stands, im vernichtenden, mitten

im Nichtwissen-Wohin stand es, wie seiend, und bog

Sterne zu sich aus gesicherten Himmeln. Engel,

dir
noch zeig ich es,
da!
in deinem Anschaun

steh es gerettet zuletzt, nun endlich aufrecht.

Säulen, Pylone, der Sphinx, das strebende Stemmen,

grau aus vergehender Stadt oder aus fremder, des Doms.

War es nicht Wunder? O staune, Engel, denn
wir
sinds,

wir, o du Großer, erzähls, daß wir solches vermochten, mein Atem

reicht für die Rühmung nicht aus. So haben wir dennoch

nicht die Räume versäumt, diese gewährenden, diese

unseren
Räume. (Was müssen sie fürchterlich groß sein,

da sie Jahrtausende nicht unseres Fühlns überfülln.)

Aber ein Turm war groß, nicht wahr? O Engel, er war es,—

groß, auch noch neben dir? Chartres war groß—, und Musik

reichte noch weiter hinan und überstieg uns. Doch selbst nur

eine Liebende—, oh, allein am nächtlichen Fenster.…

reichte sie dir nicht ans Knie—?

                                                     Glaub
nicht,
daß ich werbe.

Engel, und würb ich dich auch! Du kommst nicht. Denn mein

Anruf ist immer voll Hinweg; wider so starke

Strömung kannst du nicht schreiten. Wie ein gestreckter

Arm ist mein Rufen. Und seine zum Greifen

oben offene Hand bleibt vor dir

offen, wie Abwehr und Warnung,

Unfaßlicher, weitauf.

THE SEVENTH ELEGY

No longer, voice. No longer let wooing send forth your cry:

you're past that. Even though your cry would be clear as a bird's

when first Spring bears him aloft, almost forgetting

that he's a cautious creature and not an unsheathed heart

being flung into brightness, into passionate skies.

Like him, with all his art, you'd also woo—: invisibly,

so that some silent mate might learn of you, and,

as she listened, a reply would slowly wake and grow warm—

the kindled complement of your own ardent feeling.

O and Spring would understand—, annunciation

would echo everywhere. First those small

questioning notes, which a clear, confident day

would surround with heightening silence.

Then up the calls, up that long flight of steps to the dreamt-of

temple of the future—; then the trill, that fountain,

whose urgent jet is teased by its falling

where promise is foreplay … And on ahead, the summer.

Not only all of summer's dawns—, not only

how they change into day and gleam with genesis.

Not only the days, so tender around flowers, and above,

in the patterned treetops, so forceful and strong.

Not only the calm reverence in these outspread powers,

not only the paths, the meadows as evening deepens,

not only, after late thunderstorms, the pulsing clarity,

not only the onset of sleep and, near dusk, a premonition …

But the nights! Those towering summer

nights! And the stars, the stars of the earth!

O to be dead and to know them endlessly,

all the stars: for how, how, how to forget them!

And thus: I'd call my lover. But not only
she

would come … Other girls would come from crumbling graves

and stand before me … For could I limit

my call to just one? The interred seek

the earth's surface forever. —You children: one
present
thing

truly grasped would count for so many!

The whole of destiny crowds into childhood;

how often you would overtake your lover, panting,

panting from the blissful chase, aimless, breaking into freedom.

Life
here is magic. Even
you
knew that, you girls

who seemed deprived of it, who were trapped in the city's

vilest streets, festering there, or cast aside

for rubbish. For each of you there was an hour, perhaps

not even a full hour, but between two intervals

a space not marked by the measures of time—,

when you had an
existence.
Everything. Veins filled with existence.

But we so easily forget what our laughing neighbor

neither covets nor confirms. We want to lift it up

and show it, even though the most visible happiness

only reveals itself when we've transformed it, within.

Nowhere, Love, will World exist but within. Our lives

pass in transformation. And all the while the outside realm

diminishes. Where once a solid house endured,

some abstraction shoves itself into view, completely at ease

among concepts, as if it still stood in the brain.

The Zeitgeist is building vast reservoirs of power, formless

as the thrusting energy it wrests from everything.

It no longer recognizes temples. Furtively we hoard

what the heart once lavished. Where one of them still survives,

an object once prayed to, revered, knelt before—,

it's already reaching, secretly, into the invisible world.

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